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Gießener Anzeiger vom 16. Juni 2005

"Ich find 's cool, wenn's puff macht"

Großes Interesse der jüngsten Studierenden der JLU an Experimenten und Erklärungen ­ Kinderuni kommt gut an

GIESSEN (fm). Riesiger Andrang zum zweiten Teil von "Justus' Kinderuni". Schon eine Stunde vor Beginn standen die ersten jugendlichen Hörerinnen und Hörer samt ihren Eltern vor den Türen des Hörsaals. Eifrig darauf bedacht, den zweiten Stempel für ihren Kinderuni-Ausweis zu ergattern. Denn mit Prof. Siegfried Schindlers Vortrag "Chemie für Leckermäuler" haben sie nun bereits den halben Weg zum begehrten Kinderuni-Zertifikat zurückgelegt.

"Ich find's cool, wenn's puff macht", freute sich der achtjährige Philipp aus Aßlar schon im Vorhinein. Und der gleichaltrige Malte aus Gießen wusste schon, "dass in einer Literflasche Cola ganz viele Zuckerwürfel sind". Für Maria (8) aus Lollar steht fest, dass sie "alle vier Vorlesungen" besuchen wird. "Ich hab noch nie so viele Leckermäuler in diesem Hörsaal gesehen", rief Prof. Albrecht Beutelspacher bei seiner Begrüßung in das überfüllte Auditorium. Die 520 Hörsaalplätze reichten bei weitem nicht aus. Dicht gedrängt saßen die Kinder sogar auf den Treppenstufen in den Gängen. Für viele Eltern blieben nur Stehplätze entlang der Wände.

"Süßigkeiten sind nicht per se schlecht", fasste Schindler ­ wegen seines flotten Aussehens mit roter Kappe und Umhängetasche von den Kindern gleich "Sigi" genannt ­ das Ergebnis seiner Experimentierstunde zusammen. "Aber denkt immer an Paracelsus." Denn der Arzt, Astrologe und Theologe Philippus Theophrastus Bombastus von Hohenheim habe schon vor 500 Jahren erklärt: "Die Menge macht's."

Was Schindler in Zusammenspiel mit dem quirligen Assistenten Wilfried Scheld und Kameramann Gerald Payer seinem jugendlichen Publikum bot, grenzte oft an Zauberei à la Harry Potter. Ob wabernder Salmiaknebel oder ein in flüssigem Stickstoff erstarrter und mit dem Hämmerchen zertrümmerter Schokokuss, ob künstlich hergestellte Eisbecher oder Gummibärchen die farblose Limonade blau färben und Stichflammen beim Verbrennen von Zucker: die von nah und fern angereisten jüngsten Studierenden der Justus-Liebig-Universität (JLU) quittierten das Spektakel immer wieder mit Beifallsstürmen.

Auch wenn auf Schindlers Frage "Wer hat noch nie Cola getrunken?" nur ein halbes Dutzend Hände hoch gingen, war der großen Masse längst nicht alles bekannt, was "Sigi" über die Zusammensetzung, die Farbgebung und die schädlichen Nebenwirkungen von Stoffen wie Koffein zu erzählen wusste. Zwischen vielen Glasgefäßen, Eprouvetten jeden Kalibers, Experimentiergeräten und allerlei Substanzen waren auf dem breiten Tisch 38 Zuckerwürfel zu einem kleinen Berg angehäuft. Als eine Art Mahnung wurde dieser süße Inhalt einer einzigen Flasche Cola von der Live-Kamera in Großaufnahme auf zwei Bildschirme und auf eine riesige Projektikonsfläche übertragen.

Wie sehr die feuerwerksartigen Knaller und Explosionen von Coladosen samt Stichflammen hinter Panzerglas die chemieinteressierten Jugendlichen fasziniert hatte, ließ sich am Ende der zweiten Veranstaltung von Justus' Kinderuni beobachten: Große Kindertrauben drängten nach vorne und umringten Schindler und Scheld. Und ihre von "Warum?" eingeleiteten Fragen wollten überhaupt kein Ende nehmen.