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Gießener Anzeiger vom 27.1.2006

"Mammutbaum-Riese ist so schwer wie 60000 Kinder"

Bei Justus' Kinderuni berichtete Prof. Aart J. E. van Bel von Pflanzen, Blauwalen und Größenverhältnissen - Spektakuläre Fotos sorgten für Spannung

GIESSEN (fm). Auf doppelt so hoch wie das Dachcafé schätzten die meisten Kinder die größten Bäume der Welt. Dass sie mit dieser Antwort richtig lagen, erfuhren sie sofort von Prof. Aart J. E. van Bel, Spezialist für die Zellbiologie der Pflanze und wissenschaftlicher Leiter des Botanischen Gartens. Sein spannendes Thema "Wie viele Blauwale passen in einen Mammutbaum?" hatte mehr als 400 Acht- bis Zwölfjährige in den großen Hörsaal von Haus A im Philosophikum II gezogen, die alle der dritten Vorlesung von Justus´ Kinderuni im Wintersemester 2005/06 lauschen wollten.

Organisator Günter Sikorski appellierte einmal mehr an die anwesenden Eltern und Großeltern, die eigens für sie offen gehaltenen Cafeteria zu besuchen. Denn die Justus'-Reihe richte sich nur an den jüngsten studentischen Nachwuchs.

"Die Pflanzen sind für uns genau so wichtig wie gutes Hören", sagte zu Beginn Prof. Jürgen Kießling, der im Dezember selbst eine packende "Reise durchs Ohr" beschrieben hatte. Diesmal werde ein erfahrener und weit gereister Biologe die faszinierenden Leistungen von Pflanzen vorstellen. Für Staunen sorgte van Bel gleich zu Beginn, als er von "270000 unterschiedlichen Arten" sprach. Mit einer aus mehr als 50 Folien bestehenden PowerPoint-Präsentation, mit Großaufnahmen von mitgebrachten Pflanzen durch ein eigenes Kamerateam und mit der Einbeziehung der Kinder in kleine Experimente sorgte der Botanik-Experte eine Stunde lang für Spannung. Was sind eigentlich Pflanzen und Bäume? Warum sind Pflanzen und Bäume wichtig für uns? Werden Pflanzen auch krank? Was sind die Ringe im Holz? Mit den Antworten auf solche und viele ähnlichen Fragen vermittelte van Bel seinem jungen Publikum wichtiges Grundlagenwissen. Und sorgte für erstaunte "Aaahs" und "Ooohs", wenn er beispielsweise mit den Kindern aus der ersten Hörsaal-Reihe auf dem Podium das "Röhrensystem" in der Baumrinde nachstellte, das für den Wassertransport unerlässlich ist. Oder wenn er zwei Kinder weit auseinander stellte, um zu zeigen, dass der Stamm des größten Baums der Welt "breiter als ein Fußballtor" ist. Genauer: Sein Durchmesser beträgt acht Meter.

Um die Frage "Wie schaffen die Bäume das Wasser hoch?" zu veranschaulichen, ließ der Wissenschaftler einen Jungen auf eine Stehleiter klettern und Ansaugversuche aus langen und unterschiedlich dicken "Strohhalmen" machen. Pflanzen sind Lieferanten von Brot (Getreide), Früchten, Blumen und vielem mehr. Bäume sind Pflanzen, die über Jahre hinaus wachsen und einen Holzkörper aufbauen. Mammutbäume ragen weit über andere Bäume hinaus. So einige Kernsätze aus der jüngsten Kindervorlesung.

Wie erwartet sorgte alles, was van Bel über die riesigen Mammutbäume sagte oder mit spektakulären Fotos aus Kalifornien belegte, für ungläubiges Staunen. Dass die auf einer Liste mit den Riesenbäumen der Welt als Spitzenreiter genannten "Sequoia"-Arten mit mehr als 100 Meter Höhe und einem Alter von 2000 Jahren und mehr einen Stamm haben, der bewohnbar ist ("One-Log House") oder durchtunnelt werden kann ("Tour Thru Tree"), verblüffte die kleinen Hörerinnen und Hörer.

Nur mit der Beantwortung der Titelfrage taten sie sich schwer: Die Mehrheit war der (unrichtigen) Meinung, dass nur zwei Blauwale in einen Mammutbaum-Riesen namens "General Sherman" passen. Rein vom Gewicht her wären es aber 12 Blauwale mit je 180 Tonnen, sagte van Bel. Denn dieser Mammutbaum wiege 2.000 Tonnen. "Damit ist er so schwer wie 60.000 Kinder."