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Geophysikalische Geländemethoden

Geophysik

Das Feldpraktikum des Geophysikalischen Instituts der Universität Karlsruhe fand ebenfalls vom 17. Mai bis 21. Mai im Gebiet des Hegau-Vulkanfeldes statt. Die Studierenden der Fachrichtungen Geophysik und Geologie führten unter sachkundiger Anleitung Feldversuche mit seismischen, geoelektrischen, magnetischen und gravimetrischen Verfahren durch. Die Giessener Studierenden hatten hierbei die Möglichkeit, die unterschiedlichen Methoden im Geländeeinsatz "life" kennen zu lernen.

Magnetik (Forbriger 2005)

Das gemessene Magnetfeld setzt sich aus zwei Anteilen zusammen. Der Hauptanteil wird durch das ungestörte Erdmagnetfeld verursacht, das zum größten Teil durch einen Dipol im äußeren Erdkern erklärt werden kann. Das Erdmagnetfeld ist allgemein gut bekannnt. Dieses Feld wird aber nun von einem weiteren Feld überlagert, das durch eine magnetische Anomalie verursacht wird. Ein magnetisierbarer Körper, der sich im Erdmagnetfeld befindet, wird in Richtung der Feldlinien magnetisiert. In einigen Bereichen laufen die induzierten Feldlinien in Richtung des Erdmagnetfeldes. Dort tritt eine Verstärkung des Gesamtfeldes auf. In anderen Bereichen laufen die Feldlinien der Anomalie genau entgegengesetzt zu den Feldlinien der Erde, und man findet eine Abschwächung des Erdmagnetfeldes. Aus dieser Verstärkung oder Abschwächung läßt sich auf die Lage und Richtung des Störkörpers schließen.

Die magnetische Anomalie kann durch magnetische Minerale in der Kruste hervorgerufen werden. Solche Minerale findet man zum Beispiel in Basalt-ähnlichen Ganggesteinen, wie sie im Praktikum untersucht werden. Die Magnetik eignet sich aber auch zum Auffinden von anderen magnetischen Gegenständen wie Leitungen oder metallischen Wasserrohren. Auch in der Deponieerkundung (Umweltgeophysik) spielt die Magnetik eine immer größere Rolle. Außerdem wird die Magnetik häufig in der Archäometrie eingesetzt, da sich durch magnetische Messungen unterirdische Strukturen ohne Grabungsaufwand kartieren lassen.

Im Verlauf des Geländepraktikums 2005 wurden Orts- und Zeitabhängigkeit der Komponenten des Magnetischen Feldes gemessen. Darin äußert sich die Magnetisierung (und damit die Suszeptibilität, die Magnetisierbarkeit) des Gesteins und in der Atmosphäre verursachte Variationen des Erdmagnetfeldes.

Geoelektrik

Gemessen wurde das elektrische Potential an der Oberfläche für einen zwischen zwei Elektroden eingespeisten elektrischen Strom. Im Verhältnis von Potentialdifferenz (Spannung) und Strom äußert sich der spezifische Widerstand der stromdurchflossenen Materialien. Weitere Erläuterungen finden sich unter Exkursion Hegau 2004: Geoelektrik und Seismik


Gravimetrie

Gemessen wurden räumliche und zeitliche Variationen der Schwerebeschleunigung. Neben bekannten Einflüssen (Höhenabhängigkeit, Breitenabhängigkeit, Gezeiten etc.) äußert sich darin die ortsabhängige Massendichte der Materialien unter der Erdoberfläche.


Seismik

Mit der eingesetzten Refraktionsseismik wurde die Laufzeit der schnellsten elastischen Wellen (Kompressionswellen) von der Quelle zu den Geophonen gemessen. Darin äußert sich die tiefenabhängige (oder generell ortsabhängige) seismische Geschwindigkeit der Materialien. Diese wird oft unmittelbar interpretiert. Physikalisch hängt sie jedoch von fundamentalen Parametern ab, nämlich einem elastischen Modul (hier der Kompressionswellen-Modul) und der Dichte. Weitere Erläuterungen finden sich unter Exkursion Hegau 2004: Geoelektrik und Seismik

 

Die untersuchten Anomalien


Anomalie A81

Das Messgebiet liegt unmittelbar über dem Ostportal des Autobahntunnels, der in den Deckentuffen zwischen den Phonolithvorkommen Staufen und Hohentwiel aufgefahren wurde. An diesem Standort stellt der Tunnel eine Anomalie dar (Abb. 5, Abb. 6). Der Stahlbeton kann seismisch und magnetisch detektiert werden. Der Hohlraum äußert sich in der Geoelektrik und der Gravimetrie.

Abb. 5: Vorbereitung einer refraktionsseismischen Messung in den Deckentuffen direkt oberhalb des Autobahntunnels. Die Geophone sind bereits entlang des Messprofils in genau bekannten Abständen in den Boden gedrückt worden.
Abb. 6: Ein Sprengstoff-Schuss mit der SISSY wird vorbereitet. (siehe auch Exkursion Hegau 2004: Geoelektrik und Seismik)


Anomalie 59/1 oberhalb Riedheim

Hier stellt ein N-S verlaufender "Basalt"-Gang eine Anomalie dar. Der Gang ist in Gesteine der Jüngeren Juranagelfluh intrudiert, die hier mergelig ausgebildet sind und eine deutliche kontaktmetamorphe Überprägung erfahren haben. Aus petrographischer Sicht besteht der Riedheimer Gang aus Olivin-Melilithit, einem weltweit sehr seltenen Basalt-ähnlichem Gestein, das mit nur 39.5 Gew.% SiO2 zu den SiO2-ärmsten Magmatiten gehört. Der Gang ist mit 10 bis 20 Metern ungewöhnlich breit und wurde sogar in einem kleinen Steinbruch abgebaut. Unterhalb dieses Steinbruchs wird der Gang nach Süden hin von den Grundmoränen der Würmeiszeit überdeckt. Sein Verlauf läßt sich dort nur durch Lesesteine und vor allem durch geophysikalische Sondierungen nachweisen.


Anomalie Rotenäcker bei Mauenheim

Abb. 7: Geoelektrische Vermessung der Lokation Rotenäcker. Da die erwartete Anomalie in Form eines schmalen Basaltoid-Ganges vorliegen sollte, wurden die Erdspiesse entlang des Messprofils dicht gesetzt.

Die Lokation Rotenäcker befindet sich ca. 1 km SE der Ortslage Mauenheim. Bei der Anomalie handelt es sich der geologischen Karte nach um einen schmalen Basaltoidgang, der während der mittleren Förderperiode des Hegau-Vulkanismus in Gesteine des Weissen Jura und der Unteren Süßwassermolasse (Ältere Juranagelfluh) intrudierte. Die Breite des Ganges wird in der Literatur mit 0.4 Meter abgegeben. Entsprechend eng wurden die Profilpunkte gesetzt (Abb. 7). Die Interpretation der Anomalie Rotenäcker erwies sich allerdings als schwierig, da die Ergebnisse der verschiedenen geophysikalischen Sondierungsverfahren nicht vollständig in Einklang gebracht werden konnten. Erschwert wurde die Interpretation zudem duch die schlechten Aufschlußverhältnisse im Bereich der Anomalie. Allerdings konnte die Giessener Gruppe durch ausgedehnte Lesestein-Kartierung das in der Literatur als "dünner Basaltgang" beschriebene Vulkanitvorkommen an mehreren Stellen nachweisen. Dadurch konnten wichtige Informationen zur Beschaffenheit des "Störkörpers" und seiner oberflächennahen Verbreitung ermittelt werden. Trotzdem ist die Lokation Rotenäcker noch nicht ganz verstanden. Rotenäcker wird daher auch bei der Geländekampagne 2006 erneut zum Untersuchungsprogramm gehören.