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Vulkanismus

Das Hegau-Vulkanfeld gehört zu den 15 tertiären Vulkanfeldern Deutschlands, die vor allem im Oligozän und Miozän aktiv waren.

Im Hegau sind bislang etwa 85 Eruptionszentren unterschiedlicher Grösse bekannt. Die vulkanische Aktivität kann in drei aufeinanderfolgende Hauptphasen untergliedert werden:

Phonolithe 7 bis 9.5 Ma 6 größere Vorkommen,
oberflächennah intrudiert und erosiv herauspräpariert:
Hohentwiel (Abb. 14), Hohenkrähen, Mägdeberg, Staufen, Schwindel, Gönnersbohl
Basaltoide Magmen 8.5 bis 12 Ma explosive und effusive Eruptionen,
Maare, Lavaseen, Schlackenkegel, Gänge
extrem SiO2-arme Magmen (Olivin-Melilithite, weltweit ausgesprochen seltene Magmen)
u.a. Hohenstoffeln (Abb. 15), Hohenhewen, Höwenegg (Abb. 16), Blauer Stein (Abb. 17 )
Deckentuffe 12 bis 15 Ma mengenmäßig bedeutendste Förderphase
explosive Eruptionen (Abb.18, 19),
flächenhafte, bis 100 m mächtige Ablagerungen


Die flächenhafte Verbreitung der drei unterschiedlichen Gesteinsgruppen im Hegau-Vulkanfeld ist in Abb. 13 (PDF) dargestellt.

Abb. 14: Handstück des Phonolithvorkommens Hohentwiel mit sekundärem Gang, der ganz überwiegend aus Nosean (Mineral der Zeolith-Gruppe) besteht. Lehrsammlung des Geographischen Instituts, Dr. Volker
Abb. 15: Die nach Norden exponierte Abbauwand des aufgelassenen Steinbruchs Hohenstoffeln. Die Unterschiede in der Säulenbildung (Orientierung, Mächtigkeit) in den verschiedenen Partien des Steinbruchs ist gut zu erkennen.
Abb. 16: Blick nach Westen in den aufgelassenen Steinbruch Höwenegg. In der Spätphase des Steinbruchbetriebs wurde ganz überwiegend zur Tiefe hin abgebaut. Nach Einstellung des Abbaubetriebs im Jahr 1980 lief der Steinbruch bis zum Niveau des jüngsten und tiefsten der drei Entwässerungsstollen mit Wasser voll.
Abb. 17: Die mächtigen, bis zu 10 m hohen Säulen der Lokalität „Blauer Stein“, des westlichsten Eruptionszentrums der Hegau-Vulkanite. Die Säulen bestehen aus Olivin-Melilithit, der bei seinem raschen Aufstieg Bruchstücke des Erdmantles mitgerissen hat.
Abb. 18: Aufschluß im Hang oberhalb der Straße E Duchtingen. Der hier aufgeschlossene Deckentuff stammt aufgrund seiner großen Auswürflinge und fehlenden Schichtung wahrscheinlich von einem nahegelegenen Schlot. Der Tuff enthält zahlreiche akkretionäre Lapilli.
Abb. 19: Lapilli aus den Deckentuffen E Duchtingen. Die Lapilli weisen kugelige bis ellipsoidische Formen auf und sind, besonders in den äußeren Bereichen, aus konzentrischen dünnen Lagen aufgebaut (zwiebelschalenförmig). Ihr Durchmesser liegt zumeist zwischen 5 und 15 Millimeter, selten auch bis zu 50 Millimeter. Lehrsammlung des Geographischen Instituts, Dr. Volker

Abb. 20: Handstück des Olivin-Melilithit-Vorkommens „Blauer Stein“ mit Mantelxenolith, Lehrsammlung des Geographischen Instituts.

Die Olivin-Melilithite der Lokation "Blauer Stein" sind die westlichsten Vorkommen der Hegau-Vulkanite (Volker et al. 2001) und stellen die Abbaureste eines ehemaligen Deckenergusses dar. Besonders eindrucksvoll sind die mächtigen, bis 10 m hohen Säulen, die sich beim Erstarren und langsamen Abkühlen gebildet haben (Abb. 17). Die erstaunliche Mächtigkeit der Säulen weist auf eine Akkumulation der Lava in einer Senke oder in einem Flußtal hin. Das Gestein enthält zahlreiche kleine Bruchstücke des oberen Erdmantels (Peridotit-Xenolithe), die von dem Melilithit-Magma bei seinem raschen Aufstieg vom Schmelzherd zum Eruptionsort mitgerissen wurden (Abb. 20).

Nahe der Ortschaft Riedöschingen befindet sich in einem aufgelassenen Steinbruch ein ca. 20 m mächtiges Vorkommen von Travertinkalk (Schreiner 1984, Volker et al. 2001). Der Travertin zeigt, meist in horizontaler Lage, rote, violette und weiße Farbtöne (Abb. 21, Abb. 22). Im zentralen Bereich fächern die Lagen büschelförmig nach oben auf. Vermutlich kam es während der Eruption der Deckentuffe hier zum Austritt CO2-haltiger Quellen, aus deren Wasser sich der Kalk in Sinterterrassen absetzte.

Abb. 21: Ausschnitt aus dem aufgelassenen Steinbruch im Travertinkalk bei Riedöschingen.
Abb. 22: Fein geschichtete Sinterkalke aus dem Vorkommen bei Riedöschingen, Lehrsammlung des Geographischen Instituts.

Der Höwenegg-Vulkankomplex liegt im Norden des Hegau-Vulkanfeldes (Abb. 13, PDF). Zum Ende der vulkanischen Aktivität kam es unmittelbar südlich des Höwenegg-Hauptschlotes zu explosiven phreatomagmatischen Ereignissen, verursacht durch die Interaktion von aufsteigendem Magma mit einem Grundwasserkörper. Der dabei entstandene Sprengtrichter hatte einen Durchmesser von ca. 1 km und lief alsbald mit Wasser voll. Dieser Maarsee zeichnete sich durch niedrige Sedimentationsraten und einen deutlichen Sauerstoff-Unterschuss im Sediment aus, wodurch die rasche Zersetzung von eingeschwemmten Tierkadavern und Pflanzenteilen weitgehend verhindert wurde. Daher ermöglichen die Sedimente des Höwenegg-Maares heute einen ausgezeichneten Einblick in Fauna und Flora des mittleren Miozäns (ca. 11 bis 10 Ma), und das Höwenegg-Maar ist für seinen Reichtum an Fossilien und deren z.T. ausgezeichneten Erhaltungszustand weltweit berühmt (Tobien und Jörg 1959; Lutz et al. 2000). Nach einer längeren Pause wurden die wissenschaftlichen Grabungsaktivitäten durch das Naturkundliche Museum Karlsruhe und das Geologische Institut der Universität Karlsruhe im Jahr 2003 wieder aufgenommen und seitdem erfolgreich fortgeführt (Abb. 23, 24).

Abb. 23: Hellgraue bis weiße, feingeschichtete, bröckelig-weiche tonige Kalklagen mit eingeschalteten Tufflagen, die im nördlichen Randbereich des ehemaligen Maarsees aufgeschlossen sind. Die etwa 10 m mächtige Abfolge aus feingeschichteten Kalklagen und Hornblendetuffen wird als Höweneggschichten bezeichnet (Schreiner 1992). In dieser Abfolge wurden durch Jörg, Tobien und Mitarbeitern seit 1950 zahlreiche, mitunter vollständige Skelette von Säugetieren sowie andere Tier- und Pflanzenreste ausgegraben. Die Grabungsaktivitäten wurden vor zwei Jahren durch das Naturkundliche Museum Karlsruhe und das Geologische Institut der Universität Karlsruhe wieder aufgenommen und seitdem erfolgreich fortgeführt.
Abb. 24: Hellgraue bis weiße, feingeschichtete, bröckelig-weiche tonige Kalklagen mit eingeschalteten Tufflagen, die im nördlichen Randbereich des ehemaligen Maarsees aufgeschlossen sind.