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13.06.2016, 18:15 Uhr, Lektüre- und Diskussionsreihe zu Jean Améry: Über das Altern. Revolte und Resignation

»Ausgewiesen durch nichts als eine Neigung zur Nachdenklichkeit und vielleicht eine gewisse Übung darin, lege ich Versuche über das Altern des Menschen vor. […] Es wird gehandelt vom alternden Menschen in seinem Verhältnis zur Zeit, zum eigenen Körper, zur Gesellschaft, zur Zivilisation, schließlich zum Tode.«


Dies schreibt der österreichische Schriftsteller Jean Améry (1912–1978) im Vorwort seines 1968 erschienenen Essaybandes Über das Altern. Revolte und Resignation. Als Methode seiner Versuche wählt Améry das Mittel der »Introspektion«, die notwendig einen »subjektiven Charakter« habe, die aber zugleich den Anspruch hege, »dem Unternehmen eine Drehung ins Mehr-als-Subjektive zu geben«. Seine Essays vermitteln zwischen philosophisch-existenzialistischen Reflexionen, die »das Unentrinnbare und Skandalöse« des Alterns thematisieren, und sozialkritischen Betrachtungen. So bezeichnet Améry das Altern als »unheilbare Krankheit« und sieht sich »genötigt«, alle Hoffnungen und allen Trost des alternden Menschen zu »entkräften«, spricht aber auch vom »sozialen Alter«, das dem »Urteil der Gesellschaft«, dem »Blick der Anderen« entspringe und mit einer zunehmenden Unsichtbarkeit des alternden Menschen in einer auf Jugendlichkeit, Leistungsfähigkeit und Aktivität fixierten Gesellschaft einhergehe – für Améry ist das Altern zugleich Selbstentfremdung und gesellschaftliche Entfremdung.
Gerade die Thematisierung dieses Doppelcharakters des Alterns lassen die Essays Amérys höchst aktuell erscheinen.   

Die Lektüre- und Diskussionsreihe im Rahmen der Sektion »Alter(n) in Gesellschaft« des Gießener Graduiertenzentrums Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, in Kooperation mit dem Institut für Geschichte der Medizin, möchte allen Interessierten die Gelegenheit zur gemeinsamen Erschließung und intensiven Diskussion einiger ausgewählter Essays des Bandes geben, unter besonderer Berücksichtigung der genannten inhaltlichen Ambivalenzen.      


Die Reihe ist (zunächst, mit der Möglichkeit der Fortsetzung) auf 3 Sitzungen angelegt: Nach einer einführenden Sitzung soll jeweils ein Essay (»Sich fremd werden« und »Der Blick der Anderen«) in einer 90minütigen Sitzung textnah besprochen und diskutiert werden.   

Termine:
Montag, 13. Juni 2016, 18:15 – 19:45 Uhr
Montag, 27. Juni 2016, 18:15 – 19:45 Uhr
Montag, 04. Juli 2016, 18:15 – 19:45 Uhr

Ort: Bibliothek des Instituts für Geschichte der Medizin, Jheringstr. 6, 35392 Gießen


Eine Anmeldung ist nicht nötig.


Informationen und Kontakt: Dr. Simon Duckheim (Institut für Geschichte der Medizin, Gießen): simon.duckheim@histor.med.uni-giessen.de

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