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Dienstleistungen für Haushalte und Familien im Blick

Gründung eines Kompetenzzentrums zur „Professionalisierung und Qualitätssicherung haushalts- und familienunterstützender Dienstleistungen“

Nr. 102 • 29. Mai 2013

Die verschiedenen Dienstleistungen zur Unterstützung von Haushalten und Familien nehmen vor dem Hintergrund des demographischen und gesellschaftlichen Strukturwandels einen immer größeren Stellenwert ein. Welche Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote gibt es dazu in Deutschland? Welche Angebote sind gut und welche Zielgruppen werden erreicht? Welche Netzwerke gibt es; wie können sie genutzt und erweitert werden? Das Institut für Wirtschaftslehre des Haushalts und Verbrauchsforschung der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) liefert wissenschaftlich fundierte Antworten auf solch drängende gesellschaftliche Fragen.

Ab 1. Mai 2013 wird unter Leitung der Geschäftsführenden Direktorin des Instituts, Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, und der Mitarbeit von Mareike Bröcheler, M. Sc. ein Kompetenzzentrum zur „Professionalisierung und Qualitätssicherung haushalts- und familienunterstützender Dienstleistungen“ eingerichtet. Die Finanzierung in Höhe von rund 200.000 Euro erfolgt durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Berlin.

Prof. Meier-Gräwe sagte heute bei einem Pressegespräch im Gustav-Krüger-Saal im Uni-Hauptgebäude:  „Qualität und Verlässlichkeit von familienunterstützenden Dienstleistungen sind wichtig für die Bereitschaft der potenziellen Kundinnen und Kunden, diese Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen und dafür einen angemessenen Preis zu zahlen, der oberhalb des Schwarzmarktniveaus liegt. Wir sind froh, dass wir einen Beitrag dazu leisten können, die verschiedenen Angebote und Qualifizierungsmaßnahmen auf den Prüfstand zu stellen. Es ist uns wichtig, für alle Akteure die nötige Transparenz zu schaffen.“  Die Expertin dankte dem Bundesfamilienministerium, denn ohne die jetzt für zwei Jahre gesicherte Finanzierung wäre die institutionelle Verankerung in einem Kompetenzzentrum sicher nicht möglich gewesen.

JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee zeigte sich ebenfalls sehr erfreut: „Es geht hier um sehr grundlegende Forschungen, die die gesellschaftlichen Strukturveränderungen in den Blick nehmen und die Rahmenbedingungen verbessern helfen. Ich bin sicher, dass von diesem neuen Kompetenzzentrum bundesweite Impulse ausgehen, so  wie es in der Vergangenheit auch beim  Institut für Wirtschaftslehre des Haushalts und Verbrauchsforschung immer wieder der Fall war, das Ende vergangenen Jahres sein 50jähriges Bestehen feiern konnte.

Ziel des Kompetenzzentrums ist es, die Aufgaben zum Themenkomplex „Professionalisierung und Qualitätssicherung haushaltsnaher Dienstleistungen“  zu koordinieren bzw. im Sinne eines interdisziplinären Wissenschaftsmanagements zu organisieren sowie die Prozesse wissenschaftlich zu begleiten.  Prof. Dr. Peter Kämpfer, Dekan des Fachbereichs 09 – Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement, sieht viele Vorteile: „Das Kompetenzzentrum wird den Studierenden der Ökotrophologie an der JLU vielfältige Praxisbezüge eröffnen. Auf diese Weise können sie sich in ihrer Vorbereitung auf attraktive Dienstleistungsberufe der personalen Versorgung in Deutschland bestens qualifizieren.“

Geplante Maßnahmen

1.    Bestandsaufnahme von Qualifizierungs- und Weiterbildungsangeboten in Deutschland im Bereich der haushalts- und personenbezogenen Dienstleistungen und ihre Bewertung;
2.    Bestandsaufnahme von Modellen modularer Berufsausbildung und Qualifizierungsangebote im Bereich personen- und haushaltsnaher Dienstleistungen in ausgewählten europäischen Ländern (zum Beispiel Frankreich, Belgien, Niederlande) und ihre Einschätzung;
3.    Auftragsvergabe von gleichstellungspolitischen, berufspädagogischen oder arbeitsmarktpolitischen Expertisen;
4.    Initiierung von Fachdialogen „Hauswirtschaft und Privathaushalt“ und „Dienstleistung und Arbeitsmarkt“ unter anderem mit der Bundesanstalt für Arbeit, der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft (dgh) und weiteren Berufs- und Interessenverbänden und
5.    Durchführung von Fachveranstaltungen, Multiplikatoren-Seminaren und ihre Dokumentation sowie die Veröffentlichung relevanter Erkenntnisse als Broschüre.

Analyse des gesellschaftlichen Wandels

Die Einrichtung des Kompetenzzentrums an der JLU Gießen zeugt von der Anerkennung der am Institut bisher erbrachten Forschungsleistungen. Gestützt auf die jahrzehntelange Expertise auf dem Gebiet der Haushalts- und Dienstleistungsforschung werden arbeitsmarkt-, bildungs- und  gleichstellungspolitische Implikationen des gesellschaftlichen Wandels für den Bereich der zeitintensiven haushaltsnahen und personenbezogenen Tätigkeiten analysiert.

Europa befindet sich im Übergang von einer Industrie-  zu einer Informations- und Wissensgesellschaft, weil die Grundlagen des Wirtschaftens immer seltener materielle Güter, sondern Ideen, Informationen und ihre Verarbeitung, Dienstleistungen und die Produktion von Images bilden. Dieser tiefgreifende Strukturwandel hin zu einer dienstleistungsbasierten Wirtschaft in den europäischen Gesellschaften geht mit der Einleitung von vielfältigen Initiativen zum Ausbau von digitalen Branchen, „grünen Arbeitsplätzen“ in emissionsarmen, ressourceneffizienten Wirtschaftszweigen, aber auch mit „weißen Arbeitsplätzen“ in den Bereichen Gesundheit und Soziales einher. Dazu kommen die zeitintensiven Dienstleistungen im privaten Haushalt, die nach einer langen Phase ihrer Trivialisierung in jüngster Zeit in ihrer beschäftigungspolitischen Bedeutung „entdeckt“ und nunmehr als unverzichtbarer Bestandteil der EU-Strategie „Einen arbeitsplatzintensiven Aufschwung“ in Zeiten der Haushaltskonsolidierung betrachtet werden (EU-Kommission 2012).  Personen- und haushaltsbezogene Dienstleistungen bieten der EU-Kommission zufolge die Chance für eine Erhöhung der Beschäftigungsquote, indem sie die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessern, zu Produktivitätssteigerungen führen und nicht angemeldete Erwerbstätigkeit in den offiziellen Arbeitsmarkt überleiten.

Personen- und haushaltsnahe Dienstleistungen tragen dazu bei, ganzheitliche Lebensentwürfe  für beide Geschlechter zu verwirklichen, Beruf und Familie besser zu vereinbaren und idealerweise eine selbstbestimmte Lebensführung bis ins hohe Alter zu ermöglichen. Es geht um eine gelingende Work-Life-Balance.

  • Weitere Informationen

Professur für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienwissenschaft der JLU:
www.uni-giessen.de/cms/fbz/fb09/institute/wdh/wpf

  • Kontakt

Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe
Mareike Bröcheler, M. Sc.
Institut für Wirtschaftslehre des Haushalts und Verbrauchsforschung der JLU
Bismarckstraße 37, 35390 Gießen
Telefon: 0641 99-39300, Fax: 0641 99-39309


Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041