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Was bietet die JLU an, um Tierversuche zu ersetzen?

Was bietet die JLU an, um Tierversuche zu ersetzen?

 

Tierversuche dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn keine tierfreien Methoden zur Beantwortung der wissenschaftlichen Fragestellung existieren und Lehrinhalte nicht anders als unter Verwendung von Tieren vermittelt werden können. Überall dort, wo heute schon auf Tierversuche verzichtet werden kann, wird dies an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) auch getan.

 

Damit alle Beteiligten auf dem aktuellen Wissensstand sind, müssen alle Personen, die mit Tieren umgehen, sich daher regelmäßig fortbilden. Überdies stehen die Tierschutzbeauftragten der JLU und das 3R-Zentrum den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern jederzeit beratend zur Seite.

 

Gerade in der studentischen Lehre werden bereits jetzt die allermeisten Tierversuche, z. B. durch Computersimulationen, die Nutzung von Phantomen, Simulatoren und (Organ-)modellen (v.a. in der Ausbildung zukünftiger Tierärztinnen und Tierärzte) ersetzt (siehe auch hier). Der Fachbereich Veterinärmedizin hat eigens hierzu ein Clinical Skills Lab eingerichtet.

 

Die Professur für Computerbasiertes Modelling im 3R-Tierschutz befasst sich mit der Erstellung von computergestützten Alternativmethoden für Tierversuche mit besonderem Fokus auf computerbasierte neuronale Modelle. Durch die Professur werden moderne computerbasierte Modellierungsmethoden entwickelt, die sowohl die Funktion als auch die Morphologie der Zellen realistisch darstellen und experimentelle Vorhersagen ermöglichen. Im Fokus der Arbeiten stehen die Abbildung neuronaler Strukturen des Hippocampus sowie Modelle der synaptischen Plastizität und Variabilität von Ionenkanälen. Auch werden für die Humanmedizin Computermodelle zur Epilepsie und zur Alzheimer-Erkrankung entwickelt. In der 3R-Lehre werden Konzepte erarbeitet, mit denen sogenannte In-silico-Verfahren digitalisiert vermittelt werden können.

 

Übungen an Phantomen, bevor es an die echten Tierpatienten geht.

 

 

Die Blutentnahme wird an einem künstlichen Hundebein geübt.

 

Skills Lab: Skills Lab PETS (Practical Experience of Technical Skills) am Fachbereich Veterinärmedizin der JLU: Studierende
üben hier an Tier-Simulatoren.

Fotos: Rolf K. Wegst

 

 

Computersimulationen synaptischer Aktivierung von digitalen Nervenzellen aus unterschiedlichen Spezies  (aus Cuntz et al., 2021; https://doi.org/10.1016/j.neuron.2021.08.028).

Quelle: Peter Jedlička

 

Die Simulationen wurden in einem Kooperationsprojekt zwischen der Gruppe für Computerbasiertes Modelling von Prof. Peter Jedlička am Gießener 3R-Zentrum, dem neuroanatomischen Institut von Prof. Thomas Deller an der Goethe Universität Frankfurt und der Gruppe für Morphologisches Modelling von Dr. Hermann Cuntz am ESI in Frankfurt durchgeführt. Es wurden große Datensätze (> 9000 anatomische Rekonstruktionen von Nervenzellen aus unterschiedlichen Spezies) aus der NeuroMorpho.org-Datenbank verwendet, um die Funktion unterschiedlich geformter Nervenzellen zu untersuchen. Die Computersimulationen haben gezeigt, dass Nervenzellen mit sehr unterschiedlichen Größen (siehe die Länge, „Total length“ in mm auf der X-Achse) und Formen ihrer Fortsätze (sog. Dendriten) eine überraschende Gleichheit ihrer elektrischen Antworten (siehe die Spannung in mV auf der Y-Achse) aufweisen. Die Forscher nannten dieses neue Prinzip dendritische Konstanz. Um diese neue Erkenntnis zu gewinnen, wurden keine neuen Tierversuche durchgeführt. Diese Arbeit zeigt, dass Computer-basierte Modelle sehr gute Werkzeuge für die Vermeidung neuer Tierversuche und für die Nutzung öffentlich zugänglicher experimenteller Datensätze sind.

 

Computer & Zellkulturen – Mehr Tierschutz in der Hirnforschung

Film: Der Film zeigt auch die Grenzen der Computersimulation auf. Obwohl
das Ergebnis den tatsächlichen Abläufen im Gehirn schon sehr nahe
kommt, zeigt es nicht, wie sich die Nervenzellen erholen. Solche
Erkenntnisse sind weiterhin nur im Tierversuch möglich. Durch die
Kombination der beiden Forschungsmethoden gelang es jedoch, die
Zahl der erforderlichen Tierversuche erheblich zu reduzieren.

Quelle: Tierversuche verstehen

 

 

Mehr Info:

Gleiche Rechte im Gehirn? — Justus-Liebig-Universität Gießen (uni-giessen.de)

 

Quelle: Peter Jedlicka