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Neues Kompetenzzentrum an der Universität Gießen nimmt UN-Nachhaltigkeitsziele in den Blick

DAAD fördert im Programm „exceed – Hochschulexzellenz in der Entwicklungs-zusammenarbeit“ den Aufbau eines internationalen Forschungsschwerpunkts „SDG Nexus Network“ an der JLU mit rund 3,8 Millionen Euro

 Nr. 249 • 11. Dezember 2019

Die von den Vereinten Nationen (UN) verabschiedeten Ziele für nachhaltige Entwicklung sollen bis zum Jahr 2030 von allen Staaten weltweit umgesetzt werden. Widersprüche und Zielkonflikte könnten jedoch dazu beitragen, dass dringend nötige Reformen ausbleiben und die Umsetzung der 2030-Agenda ins Stocken gerät. Eine umso größere Bedeutung kommt einem internationalen Netzwerk zu, das sich an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) mit den Zusammenhängen zwischen den 17 Sustainable Development Goals (SDG) befassen wird. Im Rahmen des vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) geförderten Programms „exceed – Hochschulexzellenz in der Entwicklungszusammenarbeit“ war die JLU jetzt mit ihrem Antrag „SDGnexus Network“ erfolgreich. Der DAAD fördert den Aufbau des internationalen Forschungsschwerpunkts zu Themen der Agenda 2030 ab 2020 für fünf Jahre mit rund 3,8 Millionen Euro.

Als eines von sieben bundesweit geförderten Zentren wird sich das Gießener „SDGnexus Network“ mit den 17 Zielen der UN für eine nachhaltige Entwicklung befassen. Die Gesamtkoordination an der JLU liegt beim Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung (ZEU), einer interdisziplinären Forschungseinrichtung an der Schnittstelle zwischen Natur- und Sozialwissenschaften. Bereits ab Januar 2020 werden sich zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus insgesamt 21 Partnerinstitutionen in sechs Ländern Lateinamerikas und Zentralasiens der Frage widmen, wie mit widerspruchsbedingten Zielkonflikten innerhalb der UN-Nachhaltigkeitsagenda umgegangen werden kann.

„Das neue Kompetenzzentrum in der Entwicklungszusammenarbeit ist bereits das dritte Großprojekt im Rahmen der DAAD Exzellenzförderformate an der JLU“, freut sich Prof. Dr. Dr. Peter Kämpfer, Vizepräsident für Forschung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, und gratuliert allen Beteiligten herzlich. Es handelt sich neben dem „SDGnexus Network“ um die beiden DAAD-Exzellenzzentren in Forschung und Lehre: das Exzellenzzentrum für Meereswissenschaften CEMarin und das Deutsch-Kolumbianische Friedensinstitut (Instituto CAPAZ). „In allen drei Fällen bildet die JLU internationale Konsortien, um sich mit starken Partnern großen Herausforderungen unserer Zeit zu widmen“, erläutert Prof. Kämpfer das fächerunabhängige gemeinsame Ziel.

„Die Bewilligung eines solch ambitionierten Projekts durch den DAAD vor dem Hintergrund des äußerst kompetitiven Verfahrens ist eine große Auszeichnung für die Entwicklungsforschung an der JLU“, freut sich der Vorstandssprecher des ZEU, Prof. Dr. Lutz Breuer, Professur für Landschafts-, Wasser- und Stoffhaushalt am Fachbereich 09 – Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement.

„Zielkonflikte können sehr vielfältig sein“, weiß Breuer und verdeutlicht dies am folgenden Beispiel: Die Errichtung eines Stausees zur Erzeugung von Wasserkraft könnte sich negativ auf die Wasserverfügbarkeit der flussabwärts lebenden Bevölkerung und deren Zugang zu Wasser auswirken. Außerdem sind in der Regel mehrere Staaten an Großprojekten beteiligt. „Flüsse halten sich bekanntlich nicht an Ländergrenzen“, sagt Breuer: „Wassernutzungskonflikte zwischen Ländern können sich rasch verschärfen. Das hohe Konfliktpotenzial muss daher rechtzeitig eingeschätzt werden.“ Solche Zielkonflikte ließen sich für viele der 17 Einzelziele ableiten, wodurch die angestrebte weltweite Zielerreichung der SDG bis 2030 aus heutiger Sicht zumindest zum Teil fraglich sei.

Das Gießener Netzwerk beabsichtigt, mit dem Nexus-Ansatz Lösungsmöglichkeiten für dieses Dilemma zu erarbeiten. Der Ansatz zielt im Kern darauf ab, Interaktionen zwischen mehreren Sektoren gleichzeitig zu untersuchen. Aus aktuellen quantitativen Studien geht hervor, dass Nexus-Ansätze Synergien erkennen lassen und Kompromisse zwischen Sektoren aufdecken können. Bei guter Umsetzung können diese Methoden folglich negative Überraschungen reduzieren und eine integrierte Planung, Verwaltung und Steuerung fördern. Die Anwendung und Implementierung von Nexus-Ansätzen ist jedoch noch wissenschaftliches Neuland; das Netzwerk will diese Herausforderung gezielt angehen.

Das SDGnexus Network sieht sich dabei nicht nur in der Pflicht, zum Thema Nachhaltigkeit zu forschen, sondern hat auch den Anspruch, eigenen Nachhaltigkeitskriterien zu genügen. So soll beispielsweise der CO2-Fußabdruck des Projekts von Anfang an quantifiziert und langfristig immer weiter reduziert werden. Ein Teil der geplanten Aktivitäten wird daher im virtuellen Raum stattfinden, um die Anzahl an Dienstreisen zu reduzieren.
Ohne die enge Kooperation mit bereits existierenden Projekten ließe sich ein solches Nexus-Projekt nicht erfolgreich durchführen. Daher ist eine Zusammenarbeit mit den bestehenden Leuchtturmprojekten der JLU vorgesehen, etwa mit dem DAAD Exzellenzzentrum für Meereswissenschaften CEMarin, dem DAAD Deutsch-Kolumbianischen Friedensinstitut (Instituto CAPAZ), beide Kolumbien, und den agrarbezogenen Doktorandenprogrammen IPPAE an der JLU und SUSADICA in Zentralasien. Eine enge Anbindung zu internationalen Partnern aus der Praxis wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die Weltbank oder UN-Institutionen ist ebenfalls vorgesehen.

  • Weitere Informationen

https://daad.de/exceed

  • Kontakt

Prof. Dr. Lutz Breuer
Professur für Landschafts-, Wasser- und Stoffhaushalt
Heinrich-Buff-Ring 26-32; 35392 Gießen
Telefon: 0641 99 37380

Presse, Kommunikation und Marketing, Telefon: 0641 99-12041