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Was Algenkulturen und Gentechnik-Methoden über die Geschichte unseres Planeten erzählen

Planetary Scholars & Artists in Residence Program: Stipendienprogramm der Justus-Liebig- Universität Gießen für Tandems aus Wissenschaft und Kunst – Motto „Planetary Times“

Nr. 46 • 28. April 2024

Auf der Erde hätte ohne die Verarbeitung von Informationen auf molekularer und makroskopischer Ebene kein Leben entstehen können. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten am „Panel on Planetary Thinking“ der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) forschen und arbeiten in diesem Jahr unter dem Motto „Planetary Times“. Nachdem der vorherige Jahrgang im Planetary Scholars & Artists in Residence Program bedrohte Landstriche und Gewässer untersucht hat, stehen ab April 2024 Fragen rund um evolutionäre, geologische, und interplanetare Prozesse im Fokus. In diesem Sommersemester soll ein Workshop den Informationsaustausch zwischen Algenkulturen hörbar und sichtbar machen. Wie dabei ein mit einem Miniaturcomputer ausgestatteter Bioreaktor eingesetzt wird, können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst ausprobieren. Zudem läuft ein neues Buchprojekt zum Thema „De-Extinktion“ an: ein kontroverses wissenschaftliches Unterfangen, dass über modernste Gentechnik versucht, das Aussterben spezifischer Arten rückgängig zu machen.

Connor Cook – Foto: Haakon Korbi
Connor Cook – Foto: Haakon Korbi

Das „Panel on Planetary Thinking“ der JLU versteht sich als Denkfabrik und Impulsgeber für ganzheitliche Perspektiven in Forschung und Lehre – mit Blick auf Nachhaltigkeit. Das Stipendienprogramm, in dessen Rahmen seit zwei Jahren internationale Gäste für jeweils drei Monate an die JLU eingeladen werden, stellt eines seiner Kernaktivitäten dar. Wie bereits in den ersten beiden Jahrgängen zu „Planetary Materials“ (2022) und „Planetary Spaces“ (2023) konzipieren die Gäste auch in diesem Jahr Workshop-Reihen, performative Aktionen und Ausstellungen, die wissenschaftliche Debatten über Fächergrenzen hinweg ankurbeln und zugleich die Öffentlichkeit in Gießen und Umgebung begeistern sollen.

Das Stipendienprogramm bietet die Rahmenbedingungen für einen Austausch unter Forschenden und Kunstschaffenden, die sich mit den Beziehungen zwischen menschlichen Gesellschaften und dem Planeten beschäftigen. 

Ab April ist der in Amsterdam lebende Medienkünstler und Forscher Connor Cook, Kalifornien, zu Gast, der in seiner Arbeit die Überlappungen zwischen der Bios- und der Technosphäre thematisiert. Gemeinsam mit dem synthetischen Biologen Darren Zhu veranschaulicht Cook das komplexe Zusammenspiel zwischen biologischer Materie, Energie und Information in der Kunsthalle Gießen: Vom 27. bis 29. Mai veranstaltet er im Rahmen seines Projekts „Bioreaktoren und Biosphären: Eine audiovisuelle Erforschung der Evolution als Weltgestaltung“ jeweils nachmittags eine Workshop-Reihe, die Teilnehmerinnen und Teilnehmern in die Anwendung des mit Raspberry Pi erweiterten Bioreaktoren („Pioreactor“) einbindet. Der Pioreactor kultiviert, überwacht und steuert Algenkulturen, wandelt die biologischen Informationen in audiovisuelle Signale um und ermöglicht es Cook, sie auf menschlicher Ebene erfahrbar zu machen. Sein Programm gipfelt in einer öffentlichen Performance am Abend des 29. Mai.

Christian Kosmas Mayer – Foto: Klaus Pichler
Christian Kosmas Mayer – Foto: Klaus Pichler

Während heutige Computersysteme immer mehr Informationen durch den Planeten schießen, verschwinden unzählige Lebensformen mit einer Geschwindigkeit eines Massenaussterbens von dessen Oberfläche. Dieser Thematik widmet sich der Stipendiat Christian Kosmas Mayer im Zuge seines Buchprojekts zum Thema „De-Extinktion“. Er nutzt für sein Projekt modernste Techniken wie Gentechnik und Klonen, um bereits ausgestorbene Arten wiederzubeleben. Der Künstler Christian Kosmas Mayer und der Kultur- und Umweltgeograph Adam Searle bündeln seit Jahren ihre Expertise in künstlerischer Forschung, kontinentaler Philosophie und Sozialwissenschaft, um diesen neuen Zwischenzustand zu navigieren, der die Grenzen zwischen Leben und Tod überspannt und eine neuartige Perspektive auf unsere Existenz bietet. Kosmas Mayer ist Autor und Designer mehrerer Bücher, Mitherausgeber eines Kunstmagazins (www.ztscrpt.net) und Preisträger unterschiedlicher künstlerischer Auszeichnungen. Sein Schreibstipendium startet im April 2024 und erstreckt sich bis ins Frühjahr 2025. Er wird am 27. November gemeinsam mit dem Panel ein „planetares Kolloquium“ veranstalten und Forschende zur Mitwirkung einladen. 

„Der Mitmach-Workshop unseres Fellows in diesem Sommersemester fällt wohl unter die ungewöhnlicheren unserer Aktivitäten, doch er trifft genau den Puls der Zeit“, so der Mitbegründer des „Panel on Planetary Thinking“ und Inhaber der Ludwig Börne-Professur, Prof. Dr. Claus Leggewie. Angesichts aktueller Entwicklungen in den Bereichen der Künstlichen Intelligenz und der Biotechnologie verschwimmen angebliche Grenzen zwischen der digitalen und der organischen Welt immer deutlicher. Daher erwartet Leggewie ein großes Interesse am Event in der Kunsthalle seitens der Studierenden und der Gießener Öffentlichkeit. „Außerdem konnte die Reihe als Praxiseinheit in das Curriculum des Masterstudiengangs „Choreographie und Performance“ der JLU eingegliedert werden“, ergänzt Liza Bauer, zurzeit Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Panels. Sie freue sich darüber hinaus auf die Möglichkeit, die Forschungsaktivitäten des Panels über das Buchprojekt zu „De-Extinktion“ weiter ausbauen zu können: „Wir hoffen, dass wir möglichst viele Kolleginnen und Kollegen an der Universität dafür begeistern können, zu dieser aktuellen und ambivalenten Thematik in den Austausch mit uns zu treten“.

Finanziert wird das Programm vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) in Sinne der Stärkung des Profils der JLU im Bereich Nachhaltigkeit.

 

  • Weitere Informationen

https://www.uni-giessen.de/de/fbz/planetarythinking/fellowshipprogram/planetarytimesfellows/fellows

 

  • Kontakt

Liza Bauer
Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Panel on Planetary Thinking der JLU 
Liebigstraße 35, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-16190
E-Mail: liza.bauer

 

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