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1935-1945 - Drittes Reich


Heirat mit Angelika

Nach seiner zweiten Verhaftung im September 1933 verlor Andersch jeden Kontakt zur KJV, stand er ja unter Gestapo-Aufsicht und musste damit rechnen, überwacht zu werden. Als Reaktion auf die Grausamkeiten die er kennengelernt hatte, flüchtete er sich in eine intensive, meist aber wahllose Beschäftigung mit Architektur, Musik, Malerei und Literatur.

Der Münchner Privatgelehrte Dr. Günther Herzfeld-Wüsthoff war Andersch ein wichtiger Mentor und Lehrmeister in dieser Zeit. Herzfeld unterstützte dessen Schreibversuche und führte ihn an die Werke von Stendhal und Thomas Mann heran, die ihm in seinem Schreiben noch lange Zeit beeinflussten.

Zugang zu Herzfelds Zirkel, erhielt Andersch durch Angelika Albert, die im Winter 1933/34 auf seiner ersten Reise nach Rom kennengelernt hatte. Angelika war Halbjüdin und entstammte einer wohlhabenden Münchner Familie. Als Jüdin war sie ebenso gefährdet wie Andersch als ehemaliger kommunistischer Funktionär, außerdem hegte auch sie ein großes Interesse für Kunst und Literatur, was Anderschs Zuneigung zu ihr womöglich bestärkte.

Angelikas Mutter wurde im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet, Angelika selbst entging nur dank eines Zufalls den Händen der SS.

 

Noch bevor die „Rassengesetzte“ 1935 die Eheschließung zwischen „Ariern“ und Angehöriger jüdischer Familien verboten, heirateten beide in München.

Durch Angelika konnte Andersch nun endlich seine verhasste Arbeit als Buchhalter in der Lehmann'schen Buchhandlung aufgeben, die er nach seiner Entlassung aus Dachau notgedrungen hatte aufnehmen müssen. Gemeinsam mit Alfreds Mutter und Angelikas Bruder, welcher ihm eine Stelle in der Werbeabteilung der hamburgerischen Leonar-Werke angeboten hatte, siedelte das Ehepaar nach Hamburg über.





Geburt der Tochter Susanne

1938 erblickte Anderschs Tochter Susanne das Licht der Welt. Zu dieser Zeit zog sich Andersch häufig zum Schreiben zurück. Ein weiterer Grund dafür könnten die Streitigkeiten zwischen ihm und seiner Frau Angelika gewesen sein, deren Ehe bereits zu zerbrechen begann. Zum Schutz von Angelika blieben sie jedoch weiterhin zusammen.

1940 begegnete Andersch erstmals seiner späteren zweiten Ehefrau Gisela Gronauer. Auch nach der Scheidung im März 1943 kümmerte er sich weiterhin um Angelika und Susanne.

 

 

Einziehung in den Kriegsdienst

Zu Beginn des Krieges hatte Andersch zunächst Glück, denn aufgrund seiner Sehschwäche wurde die Einberufung zur Wehrmacht erst einmal zurückgezogen. Aber bereits 1940 kam ein erneuter Einberufungsbescheid. In der Nähe von Raststatt wurde er anfangs als Bausoldat eingesetzt, kam aber nach der Kapitulation der französischen Armee als Besatzungssoldat nach Nordfrankreich.

Dort war er mittlerweile zum Rechnungsführer einer Baukompanie aufgestiegen. Durch Zufall entdeckte er eines Tages in einem Mitteilungsblatt der Wehrmachtsführung eine Verordnung, die vorsah, dass alle ehemaligen KZ-Insassen sofort auszumustern seien.

So fand er sich also 1941 wieder Zuhause wieder.

1942 fand er eine neue Stelle als Büroangestellter in Frankfurt am Main, die er bis zum Herbst 1943 ausübte.

Seine Suche nach der Veröffentlichung seiner Manuskripte glückte bei der „Kölnischen Zeitung“, nachdem ihn der Suhrkamp Verlag zuvor abgelehnt hatte. Am 25. April 1944 erschien dort erstmals eine Arbeit von ihm: die Erzählung erste Ausfahrt.