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1953-1960 - Erste Romane

Graues Licht (Sansibar oder der letzte Grund)

 

Inspiriert von einer Wanderung im Jahr 1938 von Hamburg aus entlang der mecklenburgischen Küste, reifte in Andersch über die Jahre der Gedanke einen Roman zu schreiben. Durch diese Eindrücke fasziniert, welche „wie in 'graues Licht' gehüllt“ waren, nannte er sein Projekt „Graues Licht“.

Zentrale Motive des Romans, wie die Plastik Ernst Barlachs und das Schicksal der Jüdin Judith weisen Bezüge zu dem Privatmann Andersch auf. „Das Schicksal seiner ersten Schwiegermutter, die im KZ Theresienstadt ermordet worden war, und die Schuldgefühle gegenüber seiner ersten Frau Angelika drängten sich nach vorn.“ Die Errettung der Plastik verband Andersch gleichsam mit der Rettung der Jüdin; etwas, was er selbst damals nicht getan bzw. gekonnt hatte.

 

Doch erst 1953 nach einem Besuch der Liparischen Inseln fast Andersch den Entschluss mit der Arbeit an seinem ersten Roman zu beginnen, von dem er schon früh spürte, dass er etwas werden würde. Der Entstehungsprozess erstreckte sich dann über mehrere Jahre, da ihm die Tätigkeit als Herausgeber von 'Texte und Zeichen', seine Arbeiten für den Rundfunk, der Umzug der Familie nach Stuttgart im August 1955 und das Reisen mitunter wenig Zeit zum Schreiben ließen.

 

Nachdem Alfred und Gisela Andersch im Sommer 1957 in dem kleinen Dörfchen Berzona im Tessin in der Schweiz - zunächst nur als Feriendomizil - ihr neues kreatives Zentrum gefunden hatten, erschien sein Roman im Herbst des selben Jahres unter dem Namen Sansibar oder der letzte Grund und wurde, wie Andersch schon geahnt hatte, ein großer Erfolg. Die Kritiken fielen überwiegend positiv aus und das Ziel Schriftsteller zu sein, hatte er mit dieser Arbeit endgültig erreicht.

 

 

Die Rote

 

Im November 1957 legte Andersch schließlich seine Herausgeber-Tätigkeit für 'Texte und Zeichen' nieder, welche nach zwei Jahren am 15. November mit dem letzten der 16 Hefte endete.

 

Ende des Jahres, am 27. Dezember, reiste er nach Venedig. Von dem Erfolg von Sansibar beflügelt, entwickelte er die nächsten Ideen für einen neuen Roman, in dem diesmal eine Frau die Hauptrolle spielen sollte. Für Die Rote saugt er förmlich alle Eindrücke, die Venedig ihm bieten kann auf und beginnt bereits zwei Tage später mit dem ersten detaillierten Entwürfen.

 

In den folgenden Monaten war er häufiger von Grippe geplagt, was seinen Arbeitsprozess wieder verlangsamte. Im März 1958 kündigte er seine Tätigkeit beim Rundfunk, um sich in Berzona, wo die Familie im April nun dauerhaft hingezogen war, mehr auf sein kreatives Schaffen konzentrieren zu können. Berzona war für Alfred Andersch sein Sansibar geworden.

Im Dezember 1959 beendete er schließlich seine Arbeit. Im Juni 1960 gab es dann die ersten Vorabdrucke, im September erschien Die Rote im Buchhandel.