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Reihe "Deutschsprachige Gegenwartsliteratur und Medien" (DGM)

 

Die Zahl der Arbeiten zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nimmt seit Ende der 1980er Jahre deutlich zu. Hintergrund dieser Entwicklung sind zunehmende Lehrangebote an den Universitäten zum Thema, und auch in modularisierten Studiengängen gehören Segmente, die der Literatur nach 1945 und der aktuellen Literatur vorbehalten sind, zum Pflichtprogramm. Die Reihe »Deutschsprachige Gegenwartsliteratur« ist nicht auf einen zementierten Literaturbegriff fixiert, sondern will den veränderten Stellenwert der Literatur ab der Mitte des 20. und des frühen 21. Jahrhunderts dokumentieren. Ihre Bände erschließen u.a. neue Felder der Gegenwarts­literatur, untersuchen einzelne historische Phasen der Literatur nach der klassischen Moderne und stellen das literarische Werk von Autorinnen und Autoren bzw. Autorengruppen der Gegenwarts­literatur dar. Auch soll die hybride Struktur der Gegenwartskultur erforscht und dabei der Konnex von Literatur und Medien thematisiert werden. An paradigmatischen Beispielen soll der dynamische Literaturkanon der Gegenwart untersucht werden, ebenso der Stellenwert von »Event«-Literatur. Schließlich ist es Ziel der Reihe, Gegenwartsliteratur im Kontext aktueller Forschungsmethoden und Forschungsansätze, zum Beispiel in der Narratologie, zu erschließen. Verlagsinformationen

 

Neuerscheinungen in der Reihe:

 

Band 33: Carsten Gansel / José Fernández Pérez (Hg.): Störfall Pandemie und seine grenzüberschreitenden Wirkungen. Göttingen: V&R 2023.

 

Der Band geht von störungstheoretischen Überlegungen aus und zeigt, inwieweit die Corona-Pandemie zu einem Störfall mit grenzüberschreitenden Wirkungen geworden ist. Die Pandemie betrifft in globaler Perspektive sämtliche Teilsysteme von Gesellschaft und hat entsprechende Reaktionen ausgelöst. Die Beiträge fragen danach, in welcher Weise u.a. Politik und Medien in der entstandenen Ausnahmesituation agieren. Nicht zuletzt geht es um die Rolle, die Kunst und Literatur bei der Auseinandersetzung mit einem Störfall wie der Pandemie spielen.

 

The volume starts from disruption theory considerations and shows to what extent the Corona pandemic has become a disruptive event with transboundary effects. From a global perspective, the pandemic affects all subsystems of society and has triggered corresponding reactions. The contributions ask in what way politics and the media, among others, are acting in the exceptional situation that has arisen. Last but not least, the role of art and literature in dealing with a disruptive event such as the pandemic will be discussed.

 

 

Band 32: Barbara Bollig (Hg.): Mythos und Postmoderne. Mythostransformation und mythische Frauen in zeitgenössischen Texten. Göttingen: V&R 2022.

 

Die Beiträge dieses Bandes beleuchten Prozesse und Transformationen mythischer Frauenfiguren und der Mythoswerdung realhistorischer Frauen in zeitgenössischen Texten und identitätspolitischen Diskursen. Der Fokus der Beiträge liegt also auf den individuellen Arbeiten am Mythos (in Anlehnung an Hans Blumenberg), die ausgewählte Autor:innen in ihren Dramen, Gedichten, Romanen und Filmen vollführen – der Zuschreibung von Agency, der Beigabe einer Stimme für vormals Subalterne, der Politisierung bestimmter mythischer Sujets, der Juxtaposition unterschiedlicher Figuren zu einer neumythischen Projektionsfigur. Außerdem rückt der Band die Frage in den Blick, in welchem Verhältnis diese De-, Re- und Entmythifizierungen in der Postmoderne zu einem sich beständig wandelnden kulturellen Gedächtnis stehen.

 

The contributions in this volume shed light on the processes and transformations of mythical female figures and the mythification of real-historical women in contemporary texts and identity-political discourses. The focus of the contributions lies on individual “Arbeiten am Mythos” (based on Hans Blumenberg), which selected authors carry out in their dramas, poems, novels and films – the attribution of agency, the addition of a voice for formerly subalterns, the Politicization of certain mythical subjects, the juxtaposition of different figures to a new mythical projection figure – and the question of how these de-, re- and unmythifications in postmodernism relate to a constantly changing cultural memory.

 

 

 

Band 31: Carsten Gansel / Anna Kaufmann / Monika Hernik / Ewelina Kamińska-Ossowska (Hg.): Kinder- und Jugendliteratur heute. Theoretische Überlegungen und stofflich-thematische Zugänge zu aktuellen Kinder- und jugendliterarischen Texten. Göttingen: V&R 2022.

 

Was leistet Kinder- und Jugendliteratur (KJL) im 21. Jahrhundert? Welche Stoffe und Themen greift sie auf? Und welche Darstellungsformen nutzt sie? Diesen und weiteren Fragen zum Handlungs- und Symbolsystem KJL wendet sich der vorliegende Band zu, der im ersten Teil theoretische Überlegungen zu aktuellen Entwicklungen und Tendenzen in der KJL entwickelt. Die Beiträge im zweiten Teil gehen ausgewählten Romanen analytisch auf den Grund. Ihr Anliegen ist es, über die Auseinandersetzung mit dem »Was« und »Wie« des Erzählens die Rolle der Texte in einer globalisierten Mediengesellschaft zu diskutieren. Der dritte Teil versammelt Beiträge zu Ehren von Prof. Dr. Benno Pubanz, der sich als Hochschullehrer, Präsident des Kulturbundes und Initiator des Umweltpreises für Kinder- und Jugendliteratur in besonderem Maße um die Literatur für junge Leser verdient gemacht hat.

 

What does children’s and young adult’s literature offer in the 21st century? What themes and subjects does it concentrate on? And what kind of representation forms does it use? The present volume explores these and other questions on the meaning of children’s and young adult’s literature. The contributions in the first part of the volume focus on theoretical reflections on contemporary developments and movements in children’s and young adult’s literature. The contributions in the second part analyse selected novels. It aims at discussing the role of texts in a globalised media society by examining the “what” and “how” of narratives. The third part includes contributions in honour of Prof Dr Benno Pubanz, who, as a university lecturer, president of the “Kulturbund” (Cultural Association) and initiator of the “Umweltpreis für Kinder- und Jugendliteratur” (Environment prize for children’s and young adult’s literature) has rendered outstanding services to literature for young readers.

 

 

Band 30: José Fernández Pérez: Zur literarischen Darstellung von Adoleszenz in der DDR. Entwicklungen der Gegenwartsliteratur seit 2000. Göttingen: V&R 2022.

 

In der Arbeit wird mit einem transdisziplinären Ansatz herausgearbeitet, auf welche Weise literarische Texte der Gegenwartsliteratur Erfahrungen der Adoleszenz in der DDR verhandeln und inwiefern sie einen Beitrag zur Erweiterung des kollektiven Gedächtnisses leisten. Die ausgewählten Texte berücksichtigen spezifische Formen der weiblichen und männlichen Adoleszenz, verzeichnen unterschiedliche subkulturelle Tendenzen sowie spezifische Rituale des jugendkulturellen Lebens in den 1970er- und 1980er-Jahren. Sie erfüllen damit eine Archivierungsfunktion, die für die Pflege des kulturellen Gedächtnisses von Bedeutung ist. In einem Exkurs werden ausgewählte Adoleszenzmuster diskutiert, die in den Texten, die in der DDR in den 1970er-Jahren entstanden sind, zum Gegenstand der Darstellung werden.

 

In this work, a transdisciplinary approach is used to find out the ways in which literary texts of contemporary literature represent experiences of adolescence in the GDR and the extent to which they contribute to the expansion of collective memory. The selected texts take into consideration specific forms of female and male adolescence, record different subcultural tendencies as well as specific rituals of youth cultural life in the 1970s and 1980s, therefore fulfilling an archival function that is important for the maintenance of cultural memory. In an excursus, selected patterns of adolescence that become the subject of representation in texts produced in the GDR in the 1970s are discussed.

 

 

Band 29: Carolin Führer / Antonius Weixler (Hg.): Umbruch - Bild - Erinnerung. Beziehungsanalysen in nationalen und transnationalen Kontexten. Göttingen: V&R 2022.

 

Umbrüche markieren historische Zäsuren und teilen unser Geschichtsbewusstsein in ein Davor und Danach. Bilder helfen uns diese Zäsuren zu begreifen und greifbar zu machen, sie eignen sich aber auch in besonderer Weise zur Emotionalisierung unserer historischen Wahrnehmungen, indem sie im Gestus des Faktischen auftreten und eine stark vereinfachende Sicht des komplexen Phänomens Umbruch erlauben. Anhand unterschiedlicher zeithistorischer (trans-)nationaler medialer Beispiele wird untersucht, wie mit und durch Bilder Umbrüche registriert und erinnert werden und welche Sinnstiftungs-, Narrativisierungs- und Interpretationsangebote für die Bearbeitung und Bewältigung von Veränderungen durch Bilder entwickelt werden. Umbrüche scheinen hierbei weltweit in ganz unterschiedlichen historischen und kulturellen Kontexten einerseits zu ästhetischen Innovationen und zu neuen Formen des Erzählens zu führen, andererseits werden Umbrüche überhaupt erst durch Bilder und damit verbundenes bildliches sowie visuelles Erzählen und damit durch Erinnerungsdiskurse ex post manifest und erfahrbar.

 

Transitions mark historical breaches and divide our history awareness into a before and after. Images help us to understand these breaches and assess them. However, they are also suitable for emotionalising our conception in a particular way by appearing in the gesture of facts, thus enabling a strong simplified perspective on complex phenomena. With the help of various historical (trans-) national media examples the contributors analyse how transitions have been registered and remembered by images and which meaning, narrative and interpretation methods are being developed for coping with changes through images. On the one hand, transitions seem to lead to aesthetic innovations and new forms of narratives in different international historical and cultural contexts. On the other hand, transitions can only become ex post manifest and accessible through images, visualised narratives and discourses of remembrance.

 

Band 28: Carola Hähnel-Mesnard: Zeiterfahrung und gesellschaftlicher Umbruch in Fiktionen der Post-DDR-Literatur. Literarische Figurationen von Zeitwahrnehmung im Werk von Lutz Seiler, Julia Schach und Jenny Erpenbeck. Göttingen: V&R 2022.

 

Als 1989 mit der Berliner Mauer auch eine »Zeitmauer« (Heiner Müller) zusammenbrach, zeigten die Uhren in Ost und West weiterhin dieselbe Zeit an, doch veränderte sich deren Wahrnehmung für die Ostdeutschen, die plötzlich mit einer anderen Zeitordnung konfrontiert wurden. Carola Hähnel-Mesnard erörtert anhand der narrativen Werke von Lutz Seiler, Julia Schoch und Jenny Erpenbeck, wie dieser Zeitenwechsel in der Literatur reflektiert und ästhetisch verarbeitet wird. Die Autorin fragt danach, welche genuin literarischen Formen zur Darstellung der Zeiterfahrung in einem besonderen geschichtlichen Zusammenhang eingesetzt werden, wie Zeit ästhetisch inszeniert wird, auf welche kulturellen Modelle die SchriftstellerInnen zurückgreifen und inwiefern Zeitdarstellung in den Werken bedeutungstragend ist. When the Berlin Wall came down in 1989, a “Zeitmauer” (“time wall”) (Heiner Müller) also fell in parallel. Although the clocks in East and West still presented the same time, the perception of time changed for East Germans, who were suddenly confronted with a new time order. With the help of narratives from Lutz Seiler, Julia Schoch and Jenny Erpenbeck, Carola Hähnel-Mesnard explains how this time change is reflected and transmitted aesthetically in literature. The author asks which genuine literary forms are used to present the experience of time in a particular historical context, how time is aesthetically staged, which cultural models the authors refer to and how the presentation of time is important in the works.
 

 

Band 27.1: Carsten Gansel / Katrin Lehnen / Vadim Oswalt (Hg.): Schreiben, Text, Autorschaft I. Zur Inszenierung und Reflexion von Schreibprozessen in medialen Kontexten. Göttingen: V&R 2021.

 

Neben eng auf die literarische Produktion bezogenen Fragen gewinnt Schreiben als Reflexionsmedium auch in anderen Konstellationen Bedeutung. In Selbst-zeugnissen, Autobiografien, Tagebüchern und Briefen geben Schreibende Einblick in Alltagsbegebenheiten und Erfahrungen, Empfindungen und Gedanken und machen das Schreiben zum Gegenstand der Dokumentation, epistemischen Erkundung, (Selbst-)Reflexion und auch der psychischen Entlastung. Außerhalb dieser auf Authentizität gerichteten Formen der Auseinandersetzung mit dem Schreiben ist die literarische Produktion häufig selbst Gegenstand von Roman-, Film- und Serienhandlungen, u. a. in der Inszenierung spezifischer Schreibsituationen, -rituale und -orte wie auch unterschiedlicher Formen der Schreibblockade und -störung. Die Beiträger*innen diskutieren die kognitive, historische und gesellschaftliche Bedeutung des Schreibens und fragen aus interdisziplinärer Perspektive nach den besonderen Arrangements und Inszenierungen von Schreiben, Text/Werk und Autorschaft. In addition to questions closely related to literary production, writing as a medium of reflection is also gaining importance in other constellations. In self-testimonies, autobiographies, diaries and letters, writers provide insight into everyday occurrences and experiences, sensations and thoughts, and make writing the object of documentation, epistemic exploration, (self-)reflection and also psychological relief. Beyond these forms of engagement with writing that are aimed at authenticity, literary production itself is often the subject of the plots of novels, films and series, including the staging of specific writing situations, rituals and places as well as various forms of writer’s block and writing breakdowns.

Band 27.2: Carsten Gansel / Katrin Lehnen / Vadim Oswalt (Hg.): Schreiben, Text, Autorschaft II. Zur Narration und Störung von Lebens- und Schreibprozessen. Göttingen: V&R 2021.

 

Neben eng auf die literarische Produktion bezogenen Fragen gewinnt Schreiben als Reflexionsmedium auch in anderen Konstellationen Bedeutung. In Selbst-zeugnissen, Autobiografien, Tagebüchern und Briefen geben Schreibende Einblick in Alltagsbegebenheiten und Erfahrungen, Empfindungen und Gedanken und machen das Schreiben zum Gegenstand der Dokumentation, epistemischen Erkundung, (Selbst-)Reflexion und auch der psychischen Entlastung. Außerhalb dieser auf Authentizität gerichteten Formen der Auseinandersetzung mit dem Schreiben ist die literarische Produktion häufig selbst Gegenstand von Roman-, Film- und Serienhandlungen, u. a. in der Inszenierung spezifischer Schreibsituationen, -rituale und -orte wie auch unterschiedlicher Formen der Schreibblockade und -störung. Die Beiträger*innen diskutieren die kognitive, historische und gesellschaftliche Bedeutung des Schreibens und fragen aus interdisziplinärer Perspektive nach den besonderen Arrangements und Inszenierungen von Schreiben, Text/Werk und Autorschaft. In addition to questions closely related to literary production, writing as a medium of reflection is also gaining importance in other constellations. In self-testimonies, autobiographies, diaries and letters, writers provide insight into everyday occurrences and experiences, sensations and thoughts, and make writing the object of documentation, epistemic exploration, (self-)reflection and also psychological relief. Beyond these forms of engagement with writing that are aimed at authenticity, literary production itself is often the subject of the plots of novels, films and series, including the staging of specific writing situations, rituals and places as well as various forms of writer’s block and writing breakdowns.

Band 26: Konstruktionen christlichen Lebens im populären Frühmittelalter-Roman. Eine Untersuchung zum Verhältnis von Geschichte und Gegenwart. Göttingen: V&R 2020.

 

Eva Rünker untersucht 43 populäre historische Romane, die im Frühmittelalter spielen, auf ihre Darstellung christlichen Lebens (Missionierung, Mönchtum, Ehe), und vergleicht die Befunde mit den Ergebnissen der Frühmittelalterforschung. Diese aktuellen, kommerziell höchst erfolgreichen Romane stellen als Teil der Mittelalterrezeption in der Populärkultur einen Zugang zu Geschichte und Literatur für ein breites Publikum dar. Das Mittelalterbild der Romane ist von Dunkelheit und Skandalen geprägt und mit Religion garniert. Die fremde Kulisse und exotische Handlung wirken durch modern denkende Figuren vertraut. In den Romanen spiegeln sich Merkmale gegenwärtiger Religiosität wie Individualisierung, Ganzheitlichkeit, Institutionenkritik, (Selbst-)Ermächtigung der Frauen sowie Brüchigkeit von Lebenswegen.

 

Band 25: Sabine Egger / Stefan Hajduk / Britta C. Jung (Hrsg.): Sarmatien – Germania Slavica – Mitteleuropa. Sarmatia – Germania Slavica – Central Europe. Göttingen: V&R 2020.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwarf Johannes Bobrowski mit seinem ‚Sarmatien‘ einen literarischen Raum, der einen überraschend zeitgemäßen Orientierungspunkt für die Diskussion ‚östlicher‘ europäischer Grenzräume im 20. und 21. Jahrhundert bietet. In der aktuellen Forschung ist eine Infragestellung von Grenzen durch Begriffe wie Liminalität (Turner), dritter Raum (Bhabha) oder Ähnlichkeit (Bhatti) zu beobachten. In den hier versammelten Beiträgen geht es darum, wie Grenzräume in deutschsprachigen literarischen Texten inszeniert, intermedial reflektiert oder dekonstruiert werden, und welche Rolle das innerhalb eines bestimmten Feldes oder Diskurses spielt. Der Vergleich von Werken Musils, Celans, Sebalds oder Trojanows mit Beispielen aus der russischen, kasachischen, polnischen oder tschechischen Literatur (u.a. Babel, Tokarzcuk, Belger) eröffnet komparatistische und interdisziplinäre Perspektiven auf ein über Europa hinausreichendes Panorama literarischer Grenzräume.

 

 

Bisher in der Reihe erschienen:

Band 1: Carsten Gansel (Hrsg.): Rhetorik der Erinnerung – Literatur und Gedächtnis in den 'geschlossenen Gesellschaften' des Real-Sozialismus. Göttingen: V&R 2009.

 

Nach der Wende des Jahres 1989 und dem Vergehen des Real-Sozialismus in den vergangenen fast zwei Jahrzehnten hat ein permanenter Streit um die Erinnerung stattgefunden. Trotzdem sind Fragen zum Gedächtnis der Literatur in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR – wie in den anderen Ländern des Real-Sozialismus – nur vereinzelt Gegenstand von Untersuchungen gewesen. Thema dieses Bandes sind aktuelle Aspekte von Erinnerungskulturen in den Ländern des Real-Sozialismus vor und nach 1989. Die Beiträge zeigen, wie hier über das Zusammenspiel von narrativen, ikonischen und rituellen Formen das kollektive Gedächtnis geformt wurde. In den Blick geraten einzelne Texte und Autoren. Dabei zeigt sich, welche generationsspezifischen Erfahrungen und Erinnerungen in welcher Weise in den Texten gestaltet werden. Deutlich wird auch, wie das Überschreiten gesellschaftlicher Toleranzgrenzen in ›geschlossenen Gesellschaften‹ als Störung von Normalität und Destabilisierung wahrgenommen wird und entsprechende Sanktionen nach sich zieht.

 

Band 2: Carsten Gansel / Hermann Korte (Hrsg.): Kinder- und Jugendliteratur und Narratologie. Göttingen: V&R 2009.

 

Kinder- und Jugendliteratur war lange Zeit ein Gegenstand, von dem sogar ForscherInnen annahmen, dass sie aus sich selbst heraus verständlich sei und keiner literaturwissenschaftlichen Analyse bedürfe. Entsprechend standen Inhalte, Stoffe, pädagogische Strategien und sogenannte Botschaften im Vordergrund. Diese Auffassung hat sich bis in die Gegenwart gehalten bzw. ist in den letzten Jahren reaktiviert worden. Der vorliegende Band geht von anderen Prämissen aus: Auch Kinder- und Jugendliteratur ist ein literarisches Symbolsystem, das sich in seinen Formen und Strukturen sprachlich verschlüsselter Techniken bedient. So basieren Kinder- und Jugendromane auf Erzählkonzeptionen, die das Fundament des Leseverstehens bilden: Die Frage nach dem »Was« und »Wie« des Erzählens ist daher ein unverzichtbar für wissenschaftliche Studien zur Kinder- und Jugendliteratur, wenn sie als Literatur gelesen wird. Von diesem Verständnis gehen alle BeiträgerInnen des Bandes aus und fragen nach dem Verhältnis von story und discourse . Insofern werden neuere Positionen der Narratologie auf die Analyse der Kinder- und Jugendliteratur übertragen. Der Band wird abgeschlossen durch zwei Werkstattgespräche mit Jutta Richter und Benno Pludra. Die Gespräche geben einen Einblick in den komplizierten Schaffensprozess und zeigen, wie intensiv Autorinnen und Autoren sich Gedanken über das »Was« und »Wie« der literarischen Darstellung machen.

 

Band 3: Carsten Gansel / Pawel Zimniak (Hrsg.): Das "Prinzip Erinnerung" in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nach 1989. Göttingen: V&R 2010.

 

Das Ende des Real-Sozialismus geht mit einem tiefgreifenden politischen, sozialen und kulturellen Wandel und entsprechenden Verunsicherungen einher. Der neue Status quo hat dem »Prinzip Erinnerung« in der Literatur neuen Schub gegeben. Mit der Aufhebung der deutschen Teilung und den globalen Veränderungen ist es zu einem Umbau des Funktionsgedächtnisses gekommen - Vergangenes wurde neu bewertet. Ins lebendige Gedächtnis gelangen nun auch jene Vorgänge, Themen, Spuren, die über einen längeren historischen Zeitraum ausgeblendet, ausgemustert oder verworfen waren. Krieg und Holocaust erscheinen ebenso in einem neuen Licht wie Flucht, Vertreibung oder Bombenkrieg. Auch aus diesem Grund geht es nicht bevorzugt darum, was, sondern vor allem darum, wie erinnert wird. Gefragt ist nach Formen der Erinnerung in der Literatur. Die Beiträge des Bandes zeigen an ausgewählten Texten und Autoren, welche generationsspezifischen Erfahrungen und Erinnerungen in welcher Weise in der Literatur inszeniert werden. Ziel ist also, einer Rhetorik der Erinnerung auf die Spur zu kommen.

 

Band 4: Reinhard Zachau (Hrsg.): Topography and Literature. Berlin und Modernism. Göttingen: V&R 2009.

 

The contributions in this volume are based on a conference that was held at the University of the South in Tennessee (USA) in 2008. The papers investigate the impact Berlin s cityscape had on its artistic representation. In the first part the impact of Berlin s city planning with its monumental Wilhelmine symbolism are explored in flaneur characters, e. g. in Georg Hermann s work. The main focus of the volume is on the second part with an investigation of the impact city planning had on Weimar Berlin s art and literature. In this part a number of contributions show the interaction between space and art, e. g. in Walter Ruttmann, Hans Fallada and Alfred Döblin. The volume concludes with essays about the continuation of Weimar s modernism in contemporary culture.

 

 

 

Band 5: Barbara Kordes: Musikalische Lesarten. Heiner Goebbels und Heiner Müller. Göttingen: V&R 2009.

 

»Meine Texte sind eine autonome Landschaft, diese Landschaft kann man weiter ausbreiten und ausbauen, unabhängig von politischen Systemen« (Heiner Müller). Um diesen »Ausbau« zu betreiben und um die ontologischen wie gesellschaftlichen Fragestellungen in den Dramentexten des Weltautors Heiner Müller herauszuarbeiten, bedarf es einer Lesart, die Sprache und Form der Dramentexte Müllers berücksichtigt und die Texte als das behandelt, was sie sind: musikalisch. Der Komponist und Regisseur Heiner Goebbels nimmt sich dieser »Ausbreitung« mithilfe einer musikalischen Lesart in seinen Inszenierungen an. Seine Hörstücke, szenischen Konzerte und Musiktheaterstücke (u. a. »Die Befreiung des Prometheus«, »Der Mann im Fahrstuhl«, »Wolokolamsker Chaussee I–V«) sind Gegenstand dieser Untersuchung. Ziel ist aufzuzeigen, auf welche Weise die musikalischen Angebote in den Texten Heiner Müllers durch Heiner Goebbels aufgegriffen werden. Damit verknüpft sind Einblicke in die Rolle der Musik in den Inszenierungen Müllers.

 

Band 6: Carsten Gansel / Werner Liersch (Hrsg.): Hans Fallada und die literarische Moderne. Göttingen: V&R 2009.

 

 

Der Band führt eine Neuausrichtung der Forschungen zu Hans Fallada fort, die durch Aktivitäten des Internationalen Hans-Fallada-Forums motiviert wurden. Dabei geht es um die konsequente literaturhistorische Verortung eines Autors, der über einen längeren Zeitraum nur am Rand des wissenschaftlichen Interesses stand. Auf Grundlage der Neubewertung der Neuen Sachlichkeit werden Falladas Bezüge zur literarischen Moderne zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit erstmals nicht nur berührt, sondern ins Zentrum der Analyse gerückt. Vor diesem Hintergrund eröffnet sich zudem die Möglichkeit, den Texten von Hans Fallada nunmehr auch narratologisch konziser beizukommen. Den Band vertiefen zwei Gespräche mit Zeitzeugen. Klaus Jörn, langjähriger verantwortlicher Dramaturg beim Fernsehen der DDR, spricht über die Mechanismen der Fallada-Verfilmungen innerhalb des DDR-Kulturbetriebs. Der renommierte Regisseur Alexander Stillmark benennt ausgehend von seiner Neuinszenierung von Falladas Roman »Kleiner Mann was nun?« am Landestheater Neustrelitz Gründe, die Fallada heute für die Bühne interessant machen.

 

Band 7: Gerhard Jens Lüdeker / Dominik Orth (Hrsg.): Nach-Wende-Narrationen. Das wiedervereinigte Deutschland im Spiegel von Literatur und Film. Göttingen: V&R 2010.

 

 

Was sind die Themen der Nach-Wende-Zeit und wie werden diese literarisch und filmisch inszeniert? Dieser Band leistet aus literatur- und aus filmwissenschaftlicher Perspektive einen Beitrag zur Analyse und Interpretation der narrativen Verarbeitung historischer Prozesse am Beispiel der Nach-Wende-Zeit des wiedervereinigten Deutschlands. Unter Nach-Wende-Narrationen werden Erzählungen verstanden, die den Fokus auf die Zeit nach der Wende richten, die also nicht primär die Zeit vor der Wende oder den Mauerfall narrativ reflektieren. Nach-Wende-Narrationen sind als Dokumente der Erinnerung und der Gegenwartswahrnehmung zu verstehen. Sie dokumentieren gleichzeitig den Bruch von Identitäten, sowohl personal wie kollektiv, die durch die Wende aus einem klar definierten Gestern in ein schwer bestimmbares Heute gewechselt sind. Wenngleich in diesen Erzählungen versucht wird, Mauerfall und Wiedervereinigung mit einer kollektiven, positiven Symbolik zu versehen, zeigen sie mehrheitlich eine Verlusterfahrung, die von diesem historischen Punkt ihren Ausgang nimmt und die noch längst nicht überwunden ist.

 

Band 8: Carsten Gansel / Heinrich Kaulen (Hrsg.): Kriegsdiskurse in Literatur und Medien nach 1989. Göttingen: V&R 2011.

 

 

Das Thema Krieg nimmt in der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts eine zentrale Rolle ein. Die Bedingungen allerdings, unter denen es literarisch thematisiert wird, haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Der Zusammenbruch des Realsozialismus und der Prozess der Globalisierung haben zu einem grundlegenden Wandel der weltweiten Machtverhältnisse geführt, die nicht nach dem alten Muster des Kampfes zwischen Nationalstaaten bzw. der Systemkonfrontation zwischen feindlichen Blöcken zu interpretieren sind. Hinzu kommt die wachsende Bedeutung der Neuen Medien als kulturelles Archiv und soziales Kommunikationsinstrument, aber auch als Mittel der strategischen Kriegsführung und der politischen Rhetorik. Welche Funktion kommt Literatur und Medien als Formen des kulturellen Gedächtnisses in den aktuellen Kriegsdiskursen zu und mit welchen ästhetischen Strategien werden in ihnen die militärischen Konflikte am Beginn des 21. Jahrhunderts re-inszeniert? Ziel dieses Bandes ist, diesen Fragen anhand der Kriegsdiskurse in Literatur und Medien zwischen 1989 und der Gegenwart nachzugehen.

 

Band 9: Frieder von Ammon / Peer Trilcke / Alena Scharfschwert (Hrsg.): Das Gellen der Tinte. Zum Werk Thomas Klings. Göttingen: V&R 2012.

 

Bisher ist das Euvre Thomas Klings (1957-2005) von der Germanistik eher stiefkindlich behandelt worden. Nun wird es erstmals in einem wissenschaftlichen Sammelband sondiert: Neben überblicksartigen Beiträgen zum literarhistorischen Ort der klingschen Lyrik und zum Essayisten Kling werden dabei zum einen die Herkünfte dieses Autors in den Blick ge­­nom­men, zum anderen geht es um seine Praxis der produktiven Rezep­tion: von den »Bergungsarbeiten« in Mittelalter und Früher Neuzeit bis hin zur Auseinandersetzung mit Paul Celan. Darüber hinaus werden die inter­­medialen Grundlagen eines Werks untersucht, das sich programmatisch im Spannungsfeld von Oralität, Skripturalität und Visualität bewegt. Ein Bericht über die Nachlass-Erschließung sowie ein Gespräch zwischen Franz Josef Czernin, Heinrich Detering und Hubert Winkels beschließen den Band, der gleichermaßen zur Formierung einer Kling-Forschung bei­­­­­­­­­­­­­tragen wie zur weiteren Beschäftigung mit einem der eigenständigs­ten und einflussreichsten Werke der Jahrtausendwende anregen will.

 

Band 10: Carsten Gansel / Elisabeth Herrmann (Hrsg.): Entwicklungen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nach 1989. Göttingen: V&R 2013.

 

Dieser Band geht aktuellen Entwicklungen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nach. Offensichtlich wird, dass es seit Mitte der 1990er Jahre zu Veränderungen im literarischen Feld gekommen ist, die nicht zuletzt mit der Etablierung einer jungen Erzählergeneration und mit Ansätzen zu neuen Gruppenbildungen zusammenhängen. Damit verbunden ist u.a. eine Rehabilitierung des Erzählens sowie eine zunehmende Pluralität der Formen, Gattungen, Erzählweisen und Medienverbünde.
Vor diesem Hintergrund zeigen die Beiträge die thematischen Schwerpunkte und poetologischen Tendenzen in der Literatur nach 1989 auf. Deutlich wird die referenzielle Polarität des literarischen und medialen Diskurses: während die Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Vergangenheit ein prominenter Gegenstand bleibt, stehen neue Genres wie "Popliteratur" und "Migrantenliteratur" dafür, dass Autoren zunehmend auf soziokulturelle Phänomene der unmittelbaren Gegenwart in ihrem internationalen Kontext Bezug nehmen.

 

Band 11: Carsten Gansel / Matthias Braun (Hrsg.): Es geht um Erwin Strittmatter oder Vom Streit um die Erinnerung. Göttingen: V&R 2012.

 

Die anhaltende Debatte um den Autor Erwin Strittmatter und dessen verschwiegene KriegsbiographieBei der Debatte um Erwin Strittmatter geht es einmal mehr um deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert um Nationalsozialismus, Krieg und Holocaust und die Schuld der Deutschen. Auch die DDR und ihre Literatur spielen eine Rolle, ebenso die radikalen Veränderungen nach 1989. Außerdem geht es in dem Streit um die Erinnerung um moralische Fragen wie Widerstand, Zivilcourage oder Verrat. Warum haben neue Fakten zur Biographie von Erwin Strittmatter zu einer Aufstörung der Öffentlichkeit geführt? Wie reagieren Institutionen darauf, die den Autor im kulturellen Gedächtnis pflegen? Welche Bedeutung haben neuere Archivfunde für eine von Jetztzeit geladene Sicht auf den Autor und sein Werk und wie nehmen sich seine literarischen Texte in der Gegenwart aus? Der Band gibt Antworten auf diese Fragen, dokumentiert wichtige Debatten und lässt Zeitzeugen zu Wort kommen. So entsteht für den Leser ein Angebot, sich ein erweitertes Bild des Schriftstellers und seines Werkes zu machen.

 

Band 12: Kerstin Germer: (Ent-)Mythologisierung deutscher Geschichte. Uwe Timms narrative Ästhetik. Göttingen: V&R 2012.

 

In Uwe Timms Werk werden immer wieder kollektive Mythen der deutschen Vergangenheit bearbeitet - vom ersten Roman an verhandeln seine Texte nationale Gedächtnisinhalte der jüngsten Geschichte und bedienen sich dabei einer bezeichnenden Mischung von Fakten und Fiktion. Timms Bücher lassen sich als kritische Chronik der Bundesrepublik lesen, die den Mythisierungsprozess kollektiver Erinnerung nicht nur literarisch darstellen, sondern auch revidieren und fortwährend reflektieren. Die Autorin untersucht diese Spannung im Rahmen einer erinnerungshistorischen Erzählforschung, um die literarische Mythos-Behandlung im Werk Uwe Timms sowohl narratologisch als auch gedächtnistheoretisch zu beschreiben und die Funktionen der Bücher innerhalb der nationalen Erinnerungskultur aufzuzeigen.

 

Band 13: Dominika Borowicz: Vater-Spuren-Suche. Auseinandersetzung mit der Vätergeneration in deutschsprachigen autobiographischen Texten von 1975 bis 2006. Göttingen: V&R 2013.

 

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich die Erinnerungsliteratur zu einer beliebten Gattungsform entwickelt. Dazu gehören auch die sogenannten Väterbücher – autobiographische Texte, in denen die Verstrickung der Väter in der NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg aus der Perspektive der Söhne und Töchter ergründet wird. Dieses Buch bietet eine umfassende Zusammenstellung und systematische Analyse von deutschsprachigen Väterbüchern, die seit den 70er Jahren erschienen sind. Auf einer umfassenden Textbasis wird ein Überblick über diverse Formen der Auseinandersetzung mit der Elterngeneration und die einzelnen Stationen der deutschen ›Vergangenheitsaufarbeitung‹ geboten. Die Väterliteratur wird im medialen und erinnerungspolitischen Zusammenhang untersucht; Spuren öffentlich-politischer Diskurse sowie Kontinuitäten und Brüche in ihrer Entwicklung werden präsentiert. Abgerundet wird der Band durch acht Interviews mit namhaften Autoren, darunter Ruth Rehmann und Martin Pollack.

 

Band 14: Michaela Nicole Raß: Bilderlust – Sprachbild: Das Rendezvous der Künste. Friederike Mayröckers Kunst der Ekphrasis. Göttingen: V&R 2013.

 

Die Studie setzt mit der These an, dass es sich bei Bildender Kunst und Literatur, trotz der Möglichkeit einer Analogiebildung, um zwei grundsätzlich differente Systeme handelt. Sie zeigt anhand einer Analyse des Gesamtwerks von Friederike Mayröcker die Möglichkeiten und die Grenzen eines Vergleichs der Methoden und der Arbeitstechniken von Künstlern und Schriftstellern und damit des Sag- und Zeigbaren auf. Die Facetten der Kunstrezeption werden in Hinblick auf die Poetologie der Autorin, ihre Rezeptionsästhetik und auf sprachliche Charakteristika der Ekphrasen veranschaulicht. Hierbei werden, neben formalen und materialen Aspekten, eine textuelle, mediale, wahrnehmungstheoretische, semiotische, systemtheoretische, diskursanalytische und ästhetische Dimension unterschieden, die zueinander in ein reziprok strukturiertes Verhältnis gesetzt werden. In diesem Band wird die Kunstrezeption als Methode der Erkenntnisgewinnung untersucht. Damit leistet er einen Beitrag zur Literatur- und zur Kunstwissenschaft sowie zur Intermedialitätsforschung.

 

Band 15: Carsten Gansel / Markus Joch / Monika Wolting (Hrsg.): Zwischen Erinnerung und Fremdheit. Entwicklungen in der deutschen und polnischen Literatur nach 1989. Göttingen: V&R 2015.

 

Literaturwissenschaftler und Literaturkritiker in Polen streiten seit über 20 Jahren, ob man das Jahr 1989 als Wendejahr in der polnischen Literatur bezeichnen kann. Unter deutschen Germanisten und Feuilletonisten herrscht darüber, in Hinblick auf ihre Literatur, schon eher Konsens: Die politische Zäsur von 1989, der Zusammenbruch des Realsozialismus, gilt den meisten auch als Ende der sogenannten Gesinnungsästhetik, das heißt als Abschied von politmoralischen Programmen im Geiste der Gruppe 47 oder der reformsozialistischen Autoren in der DDR. Das Zusammenfallen von politischem und literarischem Einschnitt wird in Deutschland gemeinhin vorausgesetzt, das Hinterfragen der »Epochenzäsurrhetorik« (Thomas Anz) ist die klare Ausnahme. Einig sind sich polnische und deutsche Beobachter nur im Einfachsten: dass Polen und Deutschland seit 1989 gravierendere politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen erlebten als zuvor. Anlass genug, der Frage auf den Grund zu gehen, ob in beiden Ländern nach 1989 wirklich neue Literaturkonzepte und/oder bedeutende Werke entstanden, die neben der Transformation der kulturellen Institutionen auch einen Neuanfang innerhalb des Symbolsystems Literatur markieren.

 

Band 16: Carsten Gansel / Monika Wolting (Hrsg.): Deutschland- und Polenbilder in der Literatur nach 1989. Göttingen: V&R 2015.

 

Die in der deutschsprachigen und polnischen Literatur entworfenen Fremd- und Eigenbilder lassen Rückschlüsse über die kulturelle Identität wie auch existierende Stereotype zu. Für die letzten Jahrzehnte wird man davon ausgehen können, dass ein nachhaltiger Wandel in den deutsch-polnischen Beziehungen eingetreten ist. Als Folge davon ist es zu einem Abbau existierender Stereotype gekommen. Damit in Verbindung steht ein Plädoyer für Offenheit gegenüber dem Anderen, seiner Werte und seiner Kultur. Der Perspektivenwechsel war nicht zuletzt deshalb möglich, weil in besonderer Weise erinnert und vergessen wurde. Zudem hat die Bereitschaft zugenommen, 'die andere Seite mit ihren eigenen Augen' (Uwe Johnson) zu betrachten. Die Beiträge zeigen, dass in diesem Prozess Literatur wie auch filmische Inszenierungen, das Theater oder die Bildende Kunst eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben, auch und gerade, indem sie aufstörende Erfahrungen zum Gegenstand der Darstellung machten.

 

Band 17: Birgitta Krumrey: Der Autor in seinem Text. Autofiktion in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur als (post-)postmodernes Phänomen. Göttingen: V&R 2015.

 

Writers of German contemporary literature are often part of their own texts: They name their protagonists after themselves and ostentatiously integrate autobiographical elements. These so-called autofictions can be attributed to postmodern sources (in particular to French ‘autofictions’). But they have turned away from the highly conventionalised criticism of the literary genre of autobiography. Instead, the texts play with the effects of reception which are commonly caused by autobiographical presentations in order to comment on the public image of their writers.

 

Band 18: Carolin Führer (Hrsg.): Die andere deutsche Erinnerung. Tendenzen literarischen und kulturellen Lernen. Göttingen: V&R 2016.

 

25 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die literar-ästhetische, theatrale und filmische Erinnerungskultur zum Realsozialismus ebenso vielfältig wie preisverdächtig. In aktuellen Bildungskontexten ist dieses Erinnern jedoch immer weniger mit einem kommunikativen Gedächtnis verbunden, zudem konzentrieren sich die Erinnerungsprozesse meist auf Literatur und Medien aus der Zeit der DDR. Der Band lotet daher aktuelle didaktische Perspektiven einer kulturellen DDR-Erinnerung nach 1990 aus, die sich von stark faktualem Erinnern und narrativen Großdeutungen des offiziellen Gedächtnisses abhebt.

 

Band 19: Aija Sakova: Ausgraben und Erinnern. Denkbilder des Erinnerns und der moralischen Zeugenschaft im Werk von Christa Wolf und Ene Mihkelson. Göttingen: V&R 2016.

 

Die Romane der estnischen Schriftstellerin Ene Mihkelson und der deutschen Autorin Christa Wolf transportieren eine Poetik des Erinnerns, auf deren Spur sich die Autorin begibt. Sakova vergleicht die Romane »Kindheitsmuster« und »Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud« von Wolf und »Der Schlaf Ahasvers« und »Das Pestgrab« von Mihkelson miteinander und deckt so die erinnerungspoetologischen Strukturen und Philosophien in diesen Werken auf. Um dem philosophischen Potenzial dieser Texte näher zu kommen, zieht sie das Konzept der moralischen Zeugenschaft von Avishai Margalit und Giorgio Agamben und die Schreibpraxis des Denkbildes von Walter Benjamin heran.

 

Band 20: Bianca Weyers: Autobiographische Narration und das Ende der DDR. Subjektive Authentizität bei Günter de Bruyn, Monika Maron, Wulf Kirsten und Heiner Müller. Göttingen: V&R 2016.

 

Die Nach-Wende-Autobiographie ist bislang kaum umfassend untersucht und typologisiert worden eine Lücke, zu deren Schließung dieser Band beiträgt. Die Autorin bietet einen Überblick über die Forschungsgeschichte der literarischen Autobiographie, erhellt die kulturpolitischen Rahmenbedingungen für ostdeutsche Schriftsteller vor und nach 1989 und stellt vor diesem gattungstheoretischen und zeithistorischen Hintergrund vier exemplarisch ausgewählte autobiographische Projekte vor. Analysiert werden, insbesondere im Hinblick auf die gattungskonstituierenden Aspekte der Identität, Authentizität, Historizität und Literarizität, die autobiographischen Werke von Günter de Bruyn, Monika Maron, Wulf Kirsten und Heiner Müller.

 

Band 21: Miriam Schumacher: Erzählen vom Widerstand als Erzählen von Gemeinschaft. Göttingen: V&R 2016.

 

Widerstand gegen den Nationalsozialismus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg schnell zu einem Thema der Literatur. Bis 1989 erschienen in Westdeutschland rund zwanzig Romane, Dramen und Erzählungen. Die Autorin zeigt, dass diese auf den ersten Blick ganz unterschiedlichen Texte durch die Abgrenzung vom nationalsozialistischen Anderen einerseits und dem narrativen Entwurf einer Kontinuität des Widerstands andererseits zur Imagination oder Reflexion gesellschaftlicher Großgruppen beitragen. Ausgehend von konstruktivistischen Konzepten von Gemeinschaft und kollektiver Identität entsteht eine Typologie, die drei verschiedene literarische Gemeinschaftsentwürfe unterscheidet: die Rehabilitierung nationaler Gemeinschaft, die Destabilisierung etablierter Gemeinschaften und die Modifikation antifaschistischer Gemeinschaft.

 

Band 22: Thomas Hardtke / Johannes Kleine / Charlton Payne (Hrsg.): Niemandsbuchten und Schutzbefohlene. Flucht-Räume und Flüchtlingsfiguren in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Göttingen: V&R 2016.

 

Gegenwartsliteratur reflektiert Fluchtbewegungen und -gründe. Sie dekonstruiert Stereotype des »Flüchtlings« und analogisiert historische mit zeitgenössischen Fluchtbewegungen. Die Beiträge nehmen autofiktionale Texte kürzlich geflüchteter SchriftstellerInnen ebenso in den Blick wie literarische Flüchtlingsdarstellungen etablierter AutorInnen, von Anna Seghers zu Peter Handke, von Saša Stanišic zu Abbas Khider. Sie fragen nach epistemischen, identitätsbezogenen, nationalmythischen und nicht zuletzt juristischen Erschütterungen, die die Flucht für aufnehmende Gesellschaften bedeuten kann, und nach der narrativen Konstruktion der Zuschreibung »Flüchtling«. Besonderes Augenmerk gilt Texten, die eingeübte Denkmuster und Stereotype infrage stellen. Zudem wird untersucht, wie Gegenwartsliteratur nach einer geeigneten Sprache und nach passenden Erzählmustern sucht, um den spezifischen Ausnahmezustand der Fluchterfahrung zu schildern.

 

Band 23: Monika Wolting (Hrsg.): Identitätskonstruktionen in der deutschen Gegenwartsliteratur. Göttingen: V&R 2017.

 

Von unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven ausgehend zeigen die Beiträge des Bandes, auf welche Weise in ausgewählten Texten der Gegenwartsliteratur Fragen nach der Konstruktion von Identität beantwortet werden. In diesem Zusammenhang geht es insbesondere um Figuren, die nicht zuletzt über Erinnerungsprozesse dem gegenwärtigen wie früheren Selbst auf die Spur zu kommen suchen. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, welchen Einfluss der gesellschaftliche Wandel ab 1989 für die literarischen Figuren hat und inwiefern es hier und da zu Störungen gekommen ist. Die Beiträgerinnen und Beiträger, die aus gänzlich unterschiedlichen Forschungskulturen kommen, werfen entsprechend einen speziellen Blick auf die deutsche Literatur und belegen einmal mehr, wie wichtig sogenannte Fremdbeobachtungen sind.

 

Band 24: Britta C. Jung: Komplexe Lebenswelten – multidirektionale Erinnerungsdiskurse. Jugendliteratur zum Nationalsozialismus, Zweiten Weltkrieg und Holocaust im Spiegel des postmemorialen Wandels. Göttingen: V&R 2018.

 

Erinnerung verändert sich fortwährend. Denn sowohl die persönlichen Erinnerungen eines Individuums wie auch die Erinnerungen einer Gemeinschaft sind ein diskursiver Prozess der Gegenwart, bei dem aus der jeweiligen Gegenwart heraus die Vergangenheit thematisiert und rekonstruiert wird. Die vorliegende Studie untersucht zeitgenössische jugendliterarische Darstellungen des Dritten Reichs im Spiegel des postmemorialen Wandels. Die Besonderheit jugendliterarischer Darstellungen liegt zum einen in deren intendierter Leserschaft als dritte und mittlerweile schon vierte Generation im Zentrum des postmemorialen Wandels. Zudem lassen sich jugendliterarische Texte als eine kristallisierte Form (erinnerungs )kultureller Selbstwahrnehmung und Selbstthematisierung verstehen, die in einem starken Spannungsfeld von erwachsenen und jugendlichen Erinnerungsinteressen, inhalten und formen steht und stetig zwischen verschiedenen generationellen Diskursen schwankt. Die Autorin legt die spezifischen Dynamiken des postmemorialen Erinnerns offen und zeigt, wie Jugendbuchautoren die Rolle des Dritten Reichs im kulturellen Gedächtnis Deutschlands mithilfe einer transnationalen Perspektive neuverhandeln. Die Analyse spezifischer postmemorialer Darstellungsstrategien erfolgt dabei anhand von vier thematischen Schwerpunkten: Verfolgung und Deportation, Deutscher Alltag und NS-Erziehung, Bombenkrieg und Flucht, sowie Generationskonflikt und Spurensuche.