Inhaltspezifische Aktionen

Von Tiefseeböden in Gießener Gewässer

Planetary Scholars & Artists in Residence Program: Fellows am Panel on Planetary Thinking der Universität Gießen tauchen in Unterwasserwelten ein

Nr. 117 • 25. Juli 2023

Bruno Alves de Almeida – Foto: Nonzuzo Gxekwa
Bruno Alves de Almeida – Foto: Nonzuzo Gxekwa

Klimawandel, Artensterben, Umweltverschmutzung, Ressourcenverbrauch, globale Krisen: Viele Orte der Erde verändern sich vor diesem Hintergrund heute schneller als je zuvor; Lebensräume in den Meeren sind oft besonders stark betroffen. Der aktuelle Jahrgang im Planetary Scholars & Artists in Residence Program der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) forscht und arbeitet unter dem Motto „planetare Räume“. Nachdem Stipendiatinnen und Stipendiaten zuletzt bedrohte Gebiete auf dem Festland und interplanetare Räume untersucht haben, taucht das „Panel on Planetary Thinking“ ab September 2023 in Unterwasserwelten ein. Im Tandem zwischen Kunst und Wissenschaft läuft die Workshop-Reihe der südamerikanischen Stipendiaten des Programms im Wintersemester 2023/24 unter dem Banner „Treiben, Schwimmen, Untertauchen: ein nasser Workshop“. 

Als Denkfabrik und Impulsgeber für ganzheitliche Perspektiven in Forschung und Lehre mit Blick auf Nachhaltigkeit widmet sich das „Panel on Planetary Thinking“ auch dem Wissenstransfer. Über Workshop-Reihen, performative Aktionen und Ausstellungen der Stipendiatinnen und Stipendiaten möchte das Panel wissenschaftliche Debatten über Fächergrenzen hinweg ankurbeln und zugleich die Öffentlichkeit in Gießen und Umgebung für ihre Aktivitäten begeistern. 

Zu Gast sind ab September der kolumbianische Künstler und Schriftsteller Juan Pablo Pacheco Bejarano und der brasilianische Kurator und Architekt Bruno Alves de Almeida. In Anlehnung an ihr gemeinsames Projekt zum Thema „Umweltidentitäten auf dem Meeresgrund“ laden beide zu einem mehrteiligen Workshop ein (20./21. Oktober und 1. November 2023). Da die Teilnahmeplätze begrenzt sind, bittet das Panel bei Interesse um eine frühzeitige Kontaktaufnahme per E-Mail. Die einzelnen Programmpunkte werden an unterschiedlichen Gießener Wasser-Schauplätzen stattfinden. Übungen zum Zuhören, Austauschen und Erfahren werden im Wasser durchgeführt und im Nachgang reflektiert. Eine detaillierte Programmankündigung wird im September veröffentlicht. Auf diese Weise wollen die Stipendiaten Erkenntnisse darüber gewinnen, wie Wasser unsere Wahrnehmung von Räumlichkeit und Bewegung verändern kann. Ergänzend dazu konnte das Panel Prof. Dr. Klement Tockner (Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung) für einen Vortrag im Rahmen der Planetary Lecture Series gewinnen. Der Vortrag zum Thema „Water as a Planetary Space“ wird am 3. November um 18 Uhr im Hermann-Levy-Saal der Kunsthalle Gießen stattfinden.

Das Stipendienprogramm Planetary Scholars and Artists in Residence soll neue Perspektiven auf die großen Fragen unserer Zeit entwickeln. Seit der ersten Ausschreibungsrunde 2022, in der „planetare Materialien“ im Fokus standen, besteht unter internationalen Forschenden und Kunstschaffenden ein großes Interesse an diesem innovativen Programm, bei dem pro Semester ein Tandem aus Wissenschaft und Kunst für drei Monate zusammengebracht wird. Die Stipendien bieten die Rahmenbedingungen für einen intensiven Austausch. Sie sind mit jeweils 5.000 Euro pro Monat dotiert und haben eine Laufzeit von jeweils drei Monaten. Die Ausschreibung für den nächsten Jahrgang, der sich auf „planetare Zeiten“ konzentrieren wird, ist bereits auf der Webseite des Panels veröffentlicht; Bewerbungsfrist ist der 1. September 2023.

Juan Pablo Pacheco Bejarano – Foto: Pacheco Bejarano
Juan Pablo Pacheco Bejarano – Foto: Pacheco Bejarano

„Nachdem unsere Fellows Adenike Oladosu und Jason Waite im Sommersemester so ein vielseitiges Programm im Schloss Rauischholzhausen und in der Kunsthalle auf die Beine gestellt haben, sind wir gespannt, was der ,nasse Workshop‘ unserer nächsten Gäste für uns bereithält,“ stellt Prof. Dr. Claus Leggewie, Inhaber der Ludwig-Börne-Professur an der JLU sowie wissenschaftlicher Direktor und Mitgründer des „Panel on Planetary Thinking“, in Aussicht. Dass das Panel über das Stipendienprogramm schnell an Bekanntheitsgrad gewonnen hat, zeige sich an dem bemerkenswerten medialen Interesse und zunehmenden Netzwerkanfragen. „Es hat uns gefreut, dass unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten so stark in die akademische Gemeinschaft der JLU integriert waren. Vor allem die fachliche Unterstützung ist keine Selbstverständlichkeit, hat die Projekte jedoch ungemein bereichert. Dafür bedanke ich mich auch im Namen unserer Gäste herzlich,“ ergänzt Liza Bauer, die stellvertretende wissenschaftliche Geschäftsführerin des Panels.

„Umweltidentitäten auf dem Meeresgrund“

Das gemeinsame Projekt an der JLU verbindet ab Herbst 2023 zwei laufende Forschungs- bzw. Kunstprojekte. Bruno Alves de Almeida erforscht unter dem Titel „Environmental Identities“ Beziehungen zwischen dem Selbst, sozialer Identität und der natürlichen Umwelt in einer zunehmend von nicht nachhaltigen, menschlichen Vorstellungen geprägten Welz. Juan Pablo Pacheco Bejaranos untersucht, wie das Internet und Unterwasser-Räume miteinander interagieren. Er nimmt dabei die territorialen, sozialen und ökologischen Dimensionen digitaler Technologien ins Visier. Gemeinsam erforschen die beiden Stipendiaten auf dem Meeresgrund gedeihende Lebensformen und Energieströme. Sie fragen nach deren Einfluss auf menschliches Leben und Identitäten auf der Erdoberfläche. Konkret beschäftigen sie sich mit naturwissenschaftlichen und theoretischen Diskussionen über Eurythenes Plasticus, ein marines Krustentier, das in der tiefsten Region des Mariannengrabens und auf Unterwasserkabeln gefunden wurde. Tiefsee-Informationsinfrastrukturen vermitteln zunehmend die virtuellen Welten, in denen die Menschen sich heute bewegen. Im „nassen Workshop“ teilen beide ihre Überlegungen zu Wasser, Raum und Technologie über das Eintauchen (immersive Erfahrungen) in Gewässern mit den Teilnehmenden.

Der kolumbianische Künstler und Schriftsteller Juan Pablo Pacheco Bejarano setzt sich in seiner Arbeit mit den materiellen und poetischen Beziehungen zwischen Wasser, Technologie und Telepathie auseinander. Er war Gastprofessor am Fachbereich für Bildende Kunst an der Royal Academy of Fine Arts in Den Haag (Niederlande) und an der Universidad Javeriana (Kolumbien), sowie im Programm Digital Narratives an der Universidad de los Andes (Kolumbien). Er koordiniert Projekte an Laboren und Ausstellungsorten in Bogotá und bringt seine Texte und Arbeiten über internationalen Foren sowie über unterschiedlichen Fachzeitschriften an die Öffentlichkeit. 

Der brasilianische Kurator und Architekt Bruno Alves de Almeida ist Resident Liaison der Jan van Eyck Academie in Maastricht und Dozent an der Design Academy in Eindhoven. Er ist Alumnus des De Appel Curatorial Programme, Amsterdam, und erhielt einen MA von der Mendrisio Academy of Architecture in der Schweiz. Als Kurator nimmt er vor allem experimentelle und unkonventionelle Projekte in den Blick, welche die Überschneidungen zwischen Kunst, Architektur, Stadttheorie, Design, sowie zwischen den Sozial- und Naturwissenschaften sichtbar machen. Er arbeitete mit Institutionen aus der ganzen Welt zusammen, darunter Storefront for Art and Architecture, PACT Zollverein, 11. Architekturbiennale in São Paulo, Hyundai TATE Research Centre: Transnational.

 

Presse, Kommunikation und Marketing • Justus-Liebig-Universität Gießen • Telefon: 0641 99-12041

Schlagwörter
Nachhaltigkeit