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Erfahrungsbericht ISC Paris WS2012/13

- von Manuel Mikosch


Vorbereitung

Die Zusage für das Auslandssemester erfolgt wirklich sehr zeitig. Bereits im Dezember 2011 wusste ich, dass ich im September 2012 mein Auslandssemester beginnen kann. Es bleibt also ausreichend Zeit für die Vorbereitung. Wirklich empfehlenswert ist, die Französisch Kenntnisse aufzufrischen, z.B. mit einem von der JLU angebotenen Sprachkurs. Obwohl Paris eine sehr internationale Stadt ist, sprechen dort im Schnitt weniger Leute Englisch als in Deutschland. Und da der Franzose wirklich sehr stolz auf sein Land und seine Sprache ist, weigern sich viele die englisch sprechen können auch einfach dazu. Es schadet also nicht, wenn man einen gewissen Grundwortschatz mitbringt. Ansonsten muss man zur Vorbereitung lediglich die Anweisungen des Erasmus Büros und der Gasthochschule befolgen und ein paar Formulare ausfüllen. Geht alles recht einfach und ist weiter kein großes Problem. 


Unterkunft

In Sachen Unterkunft möchte ich nichts beschönigen. Der Wohnungsmarkt in Paris ist wirklich verrückt. Es ist wirklich unheimlich schwer was zu finden, sodass es nicht wenige Studenten gab, die zu Beginn des Semesters noch kein Zimmer hatten. Es empfiehlt sich also rechtzeitig zu suchen. Zwei kleine Tipps hierzu. Obwohl das Semester erst im September beginnt, sollte man in Erwägung ziehen ein Zimmer schon ab August zu suchen, da man dann den meisten andern Studenten zuvor kommt und mehr Auswahl hat. Man muss zwar den August umsonst zahlen, hat aber wesentlich bessere Chancen und man kann ja auch schon im August nach Paris und einen Sprachkurs machen. Der zweite Tipp ist auch auf deutschen Web Sites wie wg-gesucht.de nach Angeboten zu schauen. Dort findet man mehr Angebote als man
denkt. Ansonsten kriegt man bei der Wohnungssuche Unterstützung von der Gasthochschule. Bei mehr als 200 internationalen Studenten jedes Semesters ist aber klar, dass die nicht für jeden was finden können, sodass man schon parallel selber suchen muss.

Zu den Preisen. Wie gesagt, der Wohnungsmarkt in Paris ist verrückt, was sich auch in den Preisen widerspiegelt. Wer Glück hat findet etwas in der Cité Université, ein Studentenwohnheim für internationale Studenten. Dort zahlt man für ein Zimmer mit eigenem Waschbecken und Toilette/Dusche auf dem Gang etwa 450 €. Die Zimmer sind sehr einfach, jedoch bietet das Wohnheim ein eigenes Fitnessstudio und Mensa und das internationale Flair ist echt cool. Ein Nachteil ist, dass man etwa 45 Minuten zur Uni braucht, was in Paris aber nicht ungewöhnlich ist. Die Plätze dort sind jedoch rar, sodass die meisten Studenten sowieso woanders unterkommen müssen. Ein Studio mit einem Zimmer, Einbauküche und kleinem Bad in Paris kostet etwa 700 bis 800 € im Monat. Etwas günstiger sind WG-Zimmer, aber auch nicht viel. Daher haben sich einige Studenten ein Schlafzimmer geteilt, um die Kosten zu teilen. Wenn man dazu bereit ist, spart man natürlich einiges. 

Da die Uni im Nord-Westen der Stadt liegt sind einige Studenten auch auf die Vororte im Norden wie Asnière oder Colombes ausgewichen. Das ist natürlich günstiger und man ist auch wirklich schnell bei der Uni. Jedoch braucht man natürlich viel länger um in die Innenstadt zu kommen. Je nachdem in welchem Vorort man wohnt ist man auch auf die Vorort-Züge angewiesen. Während das Metro-Netz wirklich gut ist, machen die Züge öfters Probleme und haben Verspätung oder werden auch mal gecancelt.

Ich persönlich hab in dem Vorort Colombes gewohnt. Ich habe 450 für ein WG-Zimmer gezahlt, was für Paris wirklich günstig ist. Für ein Semester war das auch ok, für länger würde ich das aber nicht machen, da erstens die Züge ständig zu spät waren und man vor der Haustür außer einem Supermarkt und Bäcker nichts hat. Vom Pariser Stadtleben kriegt man also erst was mit, wenn man 15 Minuten mit dem Zug fährt. Man muss sich also wirklich gut überlegen ob man nicht etwas mehr Geld in die Hand nimmt und dafür in die Innenstadt zieht, wo man sich auch als echter Pariser fühlen kann.

Um die Haushaltskasse etwas zu entlasten gibt es vom französischen Staat einen Zuschuss für alle, die in Paris Miete zahlen. Dabei sind bis zu 30% des Mietpreises drin. Bewerben kann man sich hierfür auf caf.fr. Jedoch sollte man die Bewerbung am besten schon vor Einzug vorbereiten, da sich die Bearbeitung eine Weile hinziehen kann. Wenn man das nicht rechtzeitig in Angriff nimmt, ist das Semester daher rum, bevor die Bearbeitung abgeschlossen ist und man sieht keinen Cent. Außerdem muss man sicher gehen, dass man einen offiziellen Mietvertrag hat. Viele Vermieter vermieten schwarz, um Steuern zu sparen, dann ist jedoch kein Caf-Zuschuss möglich.


Studium an der Gasthochschule

Zunächst muss man sagen, dass der Franzose leider nicht so gut organisiert ist, wie man es aus Deutschland gewohnt ist. Das spiegelt sich auch bei der Organisation der Uni wider. Für die Fächer muss man sich online eintragen, was jedoch das reinste Chaos ist. Es sind etwa 200 Fächer online, von denen aber höchstens 30 verfügbar sind. Man muss sich also durchklicken, welche Fächer verfügbar sind. Es gibt ausreichend Vorlesungen auf Englisch, sodass sich Leute, die kein Französisch können keine Sorgen machen können. Für die Anrechnung in Deutschland muss man bedenken, dass die meisten Fächer nur 4 Credits geben, sodass man i.d.R. zwei Fächer belegen muss um eins in Gießen anrechnen zu müssen.

Da die ISC eine Business-school ist, sind die Vorlesungen meist sehr Praxisbezogen, was mir persönlich sehr gut gefallen hat. Die meisten Professoren sind sehr gut und mir haben die meisten Vorlesungen gut gefallen. Vor allem Mister Scharff gibt einzigartige Vorlesungen, sodass ich empfehlen würde mindestens ein Fach bei ihm zu besuchen. Generell ist das Niveau dort niedriger als in Deutschland, es ist relativ einfach die Fächer zu bestehen. Eine wirklich gute Note zu bekommen ist hingegen sehr schwer. Es herrscht ein Notensystem von 1 bis 20, wobei man mit 10 Punkten bestanden hat. Viele Professoren vergeben nie besser als 16 Punkte, dementsprechend ist auch die Arbeitsmoral der meisten Franzosen. Hauptsache bestehen, die Note ist dann egal. Ergibt Sinn, wenn man eigentlich eh immer nur zwischen 12-16 Punkte bekommt. Gelernt wird in Frankreich daher traditionell immer erst auf den letzten Drücker, auch Projekte werden erst am letzten Tag angegangen. Damit hatten ich und viele andere deutsche Studenten große Schwierigkeiten, denn so ist wirkliche Teamarbeit mit Franzosen kaum möglich, sodass man letztendlich den Großteil des Projektes selbst in die Hand nehmen musste. 

Bekommt man kein Earasmus-Stipendium muss man an der ISC etwa 9000 € Studiengebühren zahlen. Dieses Geld sieht man dann auch in der Einrichtung der Vorlesungsräume. So sind viele Räume mit zig Flatscreens ausgestattet. Der Professor schreibt vorne auf einen Touchscreen, was in Echtzeit auf allen Flatscreens im Raum abgebildet wird. Kein Vergleich also zu den eher klassisch ausgestatteten Vorlesungssälen an deutschen Unis. 

Für die Betreuung ist Mme Christelle Dombasi zuständig, die wirklich bemüht und nett ist. Sie hilft einem bei allen Fragen weiter, selbst wenn diese primär nichts mit der Uni sondern mit dem Leben in Paris an sich zu tun haben.

 

Alltag und Freizeit

Paris ist eine der schönsten und vielseitigsten Städte die ich jemals gesehen hab. Es gibt unendlich viele Sehenswürdigkeiten, eine einzigartige Architektur, endlos viele Cafés und zahlreiche, wirklich hervorragende Restaurants. Für Leute die auf gutes Essen stehen ist Paris wirklich die richtige Adresse. Für Liebhaber der asiatischen Küche ist das 13. Arrondissement eine gute Anlaufstelle, hier gibt es etliche vietnamesische, japanische und chinesische Restaurants zu wirklich fairen Preisen. Ein bezahlbares, typisch französisches Restaurant, das „Chartier“, findet man direkt an der Metro Station Grands Boulevards. Das Nachtleben hat auch viel zu bieten. Es gibt unendlich viele Bars und auch einige gute Clubs, die jedoch sehr teuer sind. Einmal ausprobieren sollte man das Showcase, das direkt an der Pont Alexandre liegt und so eine einzigartige Location bietet.

Nach ein paar Wochen lernt man dann auch die Schattenseite von Paris kennen. Oft schlechtes Wetter, viel Hektik, überfüllte U-Bahnen und viele unfreundliche Menschen. Wer aus diesem Stress entfliehen möchte, kann einer der zahlreichen Parks aufsuchen, in denen man sich plötzlich in einer anderen Welt vorfindet, die mit Großstadtstress nichts mehr zu tun hat. Wie gesagt, Paris ist wirklich vielseitig. Außerhalb der Vorlesungen ist es schwierig mit Franzosen in Kontakt zu kommen, was auch daran liegt, dass für die internationalen Studenten etliche Events organisiert werden, sodass man meistens mit Studenten, aus der ganzen Welt verkehrt. Das ist natürlich super interessant, hat jedoch den Nachteil dass man fast immer englisch spricht und so sein französisch nur minimal verbessert.

 

Fazit

Diese 3 Seiten reichen nicht annähernd, um zu beschreiben was ich während meines Auslandssemesters in Paris erlebt hab. Paris bietet so viele Eindrücke und aufregende Momente, sodass ich mich hier auf das wesentliche beschränken musste. Ich kann das Semester in Paris wirklich nur weiter empfehlen. Paris hat so viel zu bieten, ich hab in dem einen Semester nicht annähernd alles sehen können, was ich mir vorgenommen hatte. Wenn es für euch irgendwie möglich ist, bleibt also zwei Semester oder hängt noch ein Praktikum dran. Ansonsten müsst ihr Paris selbst erleben, um zu verstehen, warum es mir so gut gefallen hat!