Abgeschlossene Masterarbeiten
Hier finden Sie eine Übersicht und die jeweilige Kurzbeschreibung der am Lehrstuhl für Kommunikation und Beratung erfolgreich abgeschlossenen Masterarbeiten. Zu einigen Abschlussarbeiten gibt es einen Beitrag auf unserem FoodCom Blog!
Nachhaltige Ernährung bei sozial benachteiligten Menschen – qualitative Analyse der Möglichkeiten und Barrieren
Clara Mathilde Schwiers, 2024
Hintergrund:
Die Arbeit untersucht nachhaltige Ernährung bei sozialer Benachteiligung. Während nachhaltige Ernährung zunehmend an politischer und wissenschaftlicher Bedeutung gewinnt, ist die Thematik für sozial benachteiligte Menschen jedoch nicht anschlussfähig. Ziel der Arbeit ist, die Mechanismen hinter den Ernährungsentscheidungen dieser wachsenden Gesellschaftsgruppe zu verstehen, um die Möglichkeiten und Barrieren für nachhaltige Ernährung bei ihnen zu identifizieren.
Methoden:
In der Gießener Wohnsiedlung Margaretenhütte wurde eine qualitative Feldstudie mit zwei Gruppeninterviews durchgeführt, was in der Siedlung bisher noch nicht erfolgte. Die Transkripte wurden einer qualitativen Inhaltsanalyse, die auf Konzepten nachhaltiger Ernährung und dem Food Choice Process Model basierte, unterzogen.
Ergebnisse:
Die Ergebnisse zeigen, dass eine soziale, kulturelle und ökonomische Dimension im Ernährungsverhalten der Befragten dominieren, während andere Aspekte nachhaltiger Ernährung kaum beachtet werden. Die Entscheidungen basieren auf selbstbezogenen Aspekten und bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Effizienz, Hedonismus und einer eingeschränkten Fähigkeit zur Bewertung von Ernährungsinformationen. Zudem zeigt sich ein enger sozialer Zusammenhalt und eine kulturelle Abgrenzung nach außen.
Schlussfolgerungen:
Potenziale für nachhaltige Ernährung liegen besonders im Fokus auf Effizienz und im sozialen Zusammenhalt. Barrieren zeigen sich vor allem in geringer Ernährungskompetenz, Hedonismus und kultureller Abgrenzung. Diese Erkenntnisse liefern Implikationen für eine gezielte Ernährungskommunikation und -bildung, die auf die Bedürfnisse sozial benachteiligter Menschen eingeht und die Vorteile nachhaltiger Ernährung für das Individuum betont. Das Food Choice Process Model erweist sich als geeigneter theoretischer Rahmen zur Untersuchung des Ernährungsverhaltens, und der Umfang der Ergebnisse unterstützt eine ganzheitliche Betrachtung des Forschungsgegenstandes.
Vegane Ernährung in der Ernährungsberatung Erfahrungen aus der Praxis
Sebastian Rückert, 2024
Hintergrund:
Eine vegane Ernährung gehört zu den nachhaltigsten Ernährungsweisen und kann dazu beitragen, dass Personen ihre individuellen Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren können. Gleichzeitig ist sie eine restriktive Ernährungsweise, weil sie viele Nahrungsmittel ausschließt. Personen, die sich vegan ernähren (möchten), sollten sich deshalb von einer qualifizierten Ernährungsfachkraft beraten lassen, die gut auf dieses Thema vorbereitet sein sollte. Wie zertifizierte Ernährungsberater:innen mit Anfragen zu veganer Ernährung umgehen und wie gut sie darauf vorbereitet sind, sollte mit dieser Forschungsarbeit untersucht werden.
Methoden:
Dafür wurden halbstrukturierte Online-Interviews mit acht zertifizierten Ernährungsberaterinnen und -beratern durchgeführt. Der Interviewleitfaden basierte zum Teil auf der Theorie des geplanten Verhaltens. Die Interviewtranskripte wurden mittels inhaltlich strukturierender qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.
Ergebnisse:
Dabei hat sich gezeigt, dass die vegane Ernährung bislang keine große Relevanz in der Ernährungsberatung in Deutschland hat und zu dieser Ernährungsweise überwiegend reaktiv beraten wird. Nicht jede Ernährungsfachkraft fühlt sich adäquat auf Anfragen zu veganer Ernährung vorbereitet. Wenige Berater:innen beraten Veganer:innen nicht. Zudem wurden Ausprägungen von potentiellen Einflussfaktoren auf die Beratung zu veganer Ernährung identifiziert. Die Ernährungsberater:innen halten sich bzgl. veganer Ernährung durch Fachmedien, Fortbildungen sowie den kollegialen Austausch auf dem aktuellen Forschungsstand.
Schlussfolgerungen:
Die zertifizierte Ernährungsberatung zu veganer Ernährung hat Optimierungspotenzial. Um eine adäquate qualifizierte Beratung zu veganer Ernährung in Deutschland flächendeckend zu ermöglichen, könnte die Wissensvermittlung über obligatorische Informationsquellen geeignet sein. Über dieses Format könnten zukünftig außerdem weitere gesellschaftlich relevante Ernährungsthemen adressiert werden.
Querschnittsstudie zur Stillförderung in Gießen
Kristina Link, 2024
Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, stillfreundlicher zu werden. Mit dem Konzept der Nationalen Stillstrategie soll dieses Ziel erreicht werden. Gießen hat es sich dabei zur Aufgabe gemacht, die Maßnahmen für eine stillfreundliche Kommune umzusetzen. Dazu ist es notwendig, sich einen ersten Überblick über den aktuellen Stand des Stillverhaltens in Gießen zu verschaffen.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde ein quantitativer Forschungsansatz gewählt. Dazu wurden die Familien der Säuglinge, die zu den Vorsorgeuntersuchungen U3 bis U6 in Gießener Kinderarztpraxen kamen, befragt. Konkret wurde ein Online-Fragebogen mit Fragen zur Säuglingsernährung, zu bestehenden Informations- und Unterstützungsangeboten sowie zu Voraussetzungen und Kriterien für zukünftige Angebote entwickelt.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Mehrheit der Säuglinge zum Zeitpunkt der Befragung gestillt wurde und dass die durchschnittliche Stilldauer unter den Mindestanforderungen der WHO lag. Die häufigsten Stillprobleme waren zu wenig Milch, Brustentzündungen, wunde Brustwarzen und Schmerzen beim Anlegen oder Stillen. Diese Probleme traten vor allem in den ersten Tagen nach der Geburt auf. Hebammen spielen eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung von Wissen über das Stillen und bei der Unterstützung der betroffenen Familien. Darüber hinaus zeigte sich, dass zusätzliche Informations- und Unterstützungsangebote zum Thema Stillen in Gießen gewünscht werden. Sowohl bestehende lokale Angebote als auch zukünftige Angebote sollten frühzeitig, niedrigschwellig und kostenfrei angeboten werden.
Die vorliegende Arbeit zeigt, dass ein Stillmonitoring für Gießen wichtig ist und Schwachstellen aufgedeckt wurden. Die Ausgangslage für ein stillfreundliches Gießen erweist sich als positiv, worauf aufgebaut werden kann. Fortbildungen für Fachkräfte und die Verbreitung der Bedeutung des Stillens in der Gesellschaft können dazu beitragen.
Sinnkonstruktionen von Verbraucher:innen zu lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen
Tabea Puhl, 2024
Hintergrund:
Die Thesis untersucht die Sinnkonstruktionen von Verbraucher:innen zu Food-Based Dietary Guidelines (FBDG) im Kontext der im März 2024 veröffentlichten DGE-Empfehlungen „Gut essen und trinken“. Im Zentrum der Analyse steht die Frage, welche zentralen Motive in der sprachlich-kommunikativen Sinnproduktion von Verbraucher:innen zum Ausdruck kommen, um Rückschlüsse auf die Ernährungsrelevanz institutioneller FBDG als Ergebnis eines rezipient:innenseitigen Zuschreibungsprozesses ableiten zu können.
Methoden:
Methodisch stützt sich die Arbeit auf eine rekonstruktiv-hermeneutische Analyse, die auf Basis drei leitfadengestützter Interviews in Kombination mit der Methode Lautes Denken umgesetzt wurde. Die Analyse folgt dem integrativen Basisverfahren nach Kruse (2015).
Ergebnisse:
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Verbraucher:innen aufgrund ihrer subjektiven Relevanzsysteme differente Sinnkonstruktionen zu FBDG aufweisen. Fallübergreifend lassen sich fünf zentrale Motive identifizieren: (1) Impliziertes Ernährungswissen als selbstverständliche Basiskompetenz, (2) Ernährungsempfehlungen im Binnendiskurs von Expert:innen, (3) Inklusive Ernährungsempfehlungen: Flexitarismus und Integration pflanzlicher Alternativen, (4) Reflektiertes Ernährungshandeln: Multifaktorielle Abwägung zwischen Ideal und Realität und (5) Pragmatisches Ernährungshandeln: Unbeschwerter Konsum bei ganzheitlichem Gesundheitsverständnis.
Schlussfolgerungen:
Die Verbraucher:innen lassen sich vermehrt von alternativen Orientierungsrahmen, die durch vielfältige Kommunikator:innen in den Ernährungsdiskurs eingebracht werden, ebenso wie von persönlichen Erfahrungen und situativen Kontexten leiten, um ihr Ernährungshandeln pragmatisch und genussorientiert auszurichten. Diese heterogenen Sinnkonstruktionen prägen sowohl das Verständnis als auch die Umsetzung von FBDG im Alltag und liegen einem ganzheitlichen Gesundheitsverständnis zugrunde, das physische, mentale und soziale Dimensionen gleichermaßen berücksichtigt. FBDG, die auf diese Aspekte eingehen, differente Lebensrealitäten anerkennen und praktische Lösungen anbieten, könnten dabei helfen, ihre Resonanz und Ernährungsrelevanz zu erhöhen.
Verbraucherwahrnehmung pflanzenbasierter Fischalternativen
Michelle Andrea Nitz, 2024
Hintergrund:
Um den aktuellen sozialen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen des Ernährungssystems zu begegnen, bedarf es innovativen Lösungsstrategien. Ein Ansatz zur Umsetzung des vierzehnten SDGs Leben unter Wasser, stellt die Reduktion des globalen Fischkonsums dar. Durch die Substitution von Fisch mit pflanzenbasierten Fischalternativen (PFA), könnte die Reduktion für Verbraucher*innen erleichtert werden. Ob die PFA eine nachhaltige und gesundheitsförderliche Alternative aus Sicht der Konsument*innen darstellt, soll durch die Untersuchung der Verbraucherwahrnehmung ermittelt werden.
Methoden:
Dafür wurde ein qualitatives Forschungsdesign gewählt, welches die Durchführung von zwei Gruppendiskussionen und die anschließende inhaltlich strukturierte qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz & Rädiker umfasst.
Ergebnisse:
Die Ergebnisse zeigen, dass die Wahrnehmung der Verbraucher*innen von personen- und produktbezogenen Aspekten beeinflusst werden. Veganer- und Vegetarier*innen nehmen aufgrund ihrer tierethischen Einstellung PFA positiver wahr als Mischköstler*innen. Insgesamt werden PFA von den Verbraucher*innen tendenziell als ungesund, sensorisch verbesserungswürdig und zu teuer wahrgenommen. Hinsichtlich der Nachhaltigkeit bestehen Unsicherheiten darüber, ob Fisch oder PFA umweltfreundlicher sind.
Schlussfolgerungen:
Durch diese Erkenntnisse wird die Notwendigkeit einer gezielten Aufklärung sowie die Marktlücke an sensorisch und gesundheitlich verbesserten Produkte verdeutlicht. Dazu bedarf es seitens der Industrie verbesserte Technologien und Produktrezepturen, welche die Wünsche der Verbraucher*innen berücksichtigen. Aufgrund der negativen Wahrnehmung der bisherigen Verpackungen besteht Bedarf an ökologischeren, plastikfreien, materialsparenden Produktverpackungen. Künftige Studien könnten Verpackungen von PFA als mögliche anschlussfähige Träger von nachhaltigkeits- und gesundheitsrelevanten Informationen analysieren, um an den Ergebnisse dieser Arbeit anzuknüpfen.
Die Rolle sozialer Medien im Prozess der Genesung von Anorexia Nervosa
Anna Carola Möller, 2024
Hintergrund:
Anorexia nervosa (AN) ist eine ernsthafte Erkrankung, deren Bekämpfung aufgrund von hohen Letalitäts- und Rückfallraten von hochgradiger Relevanz ist. Soziale Medien haben sich in den vergangenen Jahrzehnten rasant weiterentwickelt und kontinuierlich an Relevanz gewonnen. Der Einfluss von sozialen Medien auf die Entstehung und auf den Verlauf von AN ist bereits gut erforscht. Fokus dieser Arbeit liegt auf der Rolle sozialer Medien im Genesungsprozess von AN in Bezug auf die Aufrechterhaltung sowie auf die Überwindung der Erkrankung. Zusätzlich wird der Einfluss bezüglich möglicher Rückfälle betrachtet.
Methoden:
Sechs ehemalige Betroffene von AN wurden im Rahmen von leitfadengestützten qualitativen Interviews bezüglich ihrer Erfahrungen mit sozialen Medien im Essstörungskontext befragt. Die Interviews wurden mithilfe der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz und Rädiker ausgewertet.
Ergebnisse:
Die Befragten beschreiben eine Vielzahl von Wegen, wie soziale Medien den Genesungsprozess von AN beeinflussen. Insbesondere die Omnipräsenz essstörungsbezogener Inhalte, welche durch Social-Media-Algorithmen bedingt wird, sowie soziale Prozesse im Rahmen von Online-Communities werden in den Fokus gerückt. Zusätzlich konnten sowohl essstörungsabhängige als auch -unabhängige Gründe für die Nutzung sozialer Medien identifiziert werden. Auch in Anschluss an die Überwindung der Erkrankung haben essstörungsbezogene Inhalte eine erhöhte Relevanz. Es gibt außerdem erste Hinweise darauf, dass soziale Medien als Instrument für die Umsetzung ‚geplanter‘ Rückfälle instrumentalisiert werden.
Schlussfolgerungen:
Soziale Medien spielen in vielerlei Hinsicht eine Rolle in der Aufrechterhaltung sowie in der Überwindung von AN. Es besteht ein ausgeprägtes Potenzial in der Thematisierung des Social-Media-Nutzungsverhaltens im Rahmen der Essstörungstherapie, um die Überwindung der Erkrankung zu fördern und mögliche Rückfälle zu vermeiden.
Thanksgiving als esskulturelles Phänomen in Comedyserien
Johanna Louise Piotrowski, 2024
Hintergrund:
Angesichts des steigenden Medienkonsums und der darin enthaltenen Ernährungskommunikation, wächst der Einfluss von audiovisuellen Formaten wie Comedyserien auf die Einstellungen der Zuschauer*innen. Die Kultivierung bestimmter Inhalte kann zu einer Veränderung realer Einstellungen der Zuschauer*innen führen. Anhand des Beispiels der Thanksgiving-Folgen der Sitcoms „Friends“ und „New Girl“ soll ein umfassendes Verständnis der esskulturellen Bedeutung des Festes geschaffen und mögliche Unterschiede von Ernährungskommunikation und -handeln in den Serien herausgearbeitet werden.
Methoden:
Die Auswahl der Schlüsselszenen aus den Serien "Friends" und "New Girl" folgt den Prinzipien der soziologischen Fernsehanalyse. Im Anschluss erfolgt die Transkription und Codierung der ausgewählten Szenen gemäß einem induktiv abgeleiteten Kategoriensystem, das den Grundlagen einer qualitativen Inhaltsanalyse entspricht.
Ergebnisse:
Ernährungsbezogene Inhalte sind in den Serien sowohl passiv im Szenenbild, als auch aktiv als Handlungselemente präsent. Dabei werden spezifische Ernährungspraktiken und -muster genutzt, um durch ihre soziale Codierung bestimmte Charaktereigenschaften und Einstellungen der Figuren zu vermitteln. In den Thanksgiving-Folgen wird der Fokus insbesondere auf das Verhältnis der Figuren zu Traditionen gelegt, wobei hier ein Unterschied in der Entwicklung zu progressiveren Inhalten zwischen der Serie "New Girl" und "Friends" deutlich wird.
Schlussfolgerungen:
Die Untersuchung der esskulturellen Bedeutung von Thanksgiving in Comedyserien trägt dazu bei, das Verständnis für den Einfluss von Medien auf das Ernährungsbewusstsein und -verhalten zu vertiefen. Die Ergebnisse dieser Arbeit können dazu beitragen, das Bewusstsein für die soziale Codierung von Essverhalten zu schärfen und weitere Forschungsperspektiven im Bereich der Ernährungskommunikation aufzuzeigen.
Mediatisierung und Informationsverhalten: Rezeptsuche im Digtalen Zeitalter
Eva Pawelczyk, 2024
Hintergrund:
Angesichts der zunehmenden Präsenz digitaler Medien und technologischer Innovationen im Alltag strebt diese Arbeit an, einen umfassenden Überblick darüber zu geben, wie sich diese Entwicklungen auf das Suchverhalten bei der Rezeptsuche auswirken. Untersucht wurden Beweggründe, bevorzugte Informationsquellen und Vorgehensweisen. Das primäre Ziel dieser Arbeit ist es, vertiefte Einblicke in das Informationsverhalten innerhalb des mediatisierten Kontextes zu gewähren und zugleich die Forschung im Bereich der Ernährungskommunikation sowie die Förderung gesünderer Ernährungspraktiken zu unterstützen.
Methoden:
Die Methodik kombiniert eine Literaturrecherche zur Schaffung einer soliden Wissensbasis mit der Durchführung von zwei qualitativen Gruppendiskussionen. Die Datenanalyse erfolgt mittels qualitativer Inhaltsanalyse, die deduktive und induktive Ansätze integriert.
Ergebnisse:
Ein starker Einfluss digitaler Medien auf die Rezeptsuche wurde neben der fortbestehenden Nutzung klassischer Medien festgestellt. Die Beweggründe variieren von der Suche nach Online-Inspiration bis hin zu familiären und gesundheitlichen Aspekten, mit signifikanter Prägung durch Algorithmen. Das Bedürfnis trotz Informationsüberflutung Zeit zu sparen, zeigt die Komplexität des Informationsverhaltens. Eine generationenübergreifende Offenheit gegenüber neuen Technologien, wie künstliche Intelligenz (z. B. ChefGPT), zeigt die Dynamik der Mediatisierung auf. Vor allem bei der jüngeren Generation bewahren Offline-Quellen ihre Relevanz, die zu hybriden Nutzungsmustern führen.
Schlussfolgerung:
Die Präferenz junger Menschen für Kochbücher, der Einsatz von KI und die langfristigen Auswirkungen der Mediatisierung auf Essgewohnheiten eröffnen wichtige Forschungsperspektiven. Diese Erkenntnisse tragen dazu bei, die Relevanz suboptimaler Ernährungsweisen besser zu verstehen.
Barrieren, Förderer und Unterstützungsbedarf von Post-COVID Patient*innen bei der Umsetzung von Ernährungsempfehlungen
Lheanne Rehmet, 2023
Hintergrund:
10-20 % der mit dem Corona-Virus Infizierten leiden unter dem Post-COVID Syndrom. Da es hierfür keine kausale Therapie gibt, wird symptomatisch behandelt. Aufgrund häufiger Ernährungsprobleme kommt der Ernährungstherapie eine wichtige Rolle zu. Die Umsetzung der Ernährungsempfehlungen nach Patientenleitlinie S1-Leitlinie Long-/Post-COVID ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden.
Methoden:
In acht halbstrukturierten Interviews mit Post-COVID Patient*innen wurden Barrieren, Förderer und Unterstützungsbedarf bei der Umsetzung von Ernährungsempfehlungen erhoben. Die Daten wurden theoriegeleitet nach dem Fähigkeits-, Gelegenheits- und Motivationsmodell des Verhaltens ausgewertet und anhand des Theoretical Domains Framework, einem kombinierten Modell zur Erklärung des Gesundheitsverhaltens, spezifiziert.
Ergebnisse:
Post-COVID Patient*innen nennen Barrieren, Förderer und Unterstützungsbedarf hinsichtlich ihrer psychologischen und physischen Fähigkeiten, reflexiven und automatischen Motivation. Auch physische und soziale Gelegenheiten bedingen die Umsetzung der Ernährungsempfehlungen. V.a. das unzureichende Wissen über die Empfehlungen und deren Umsetzung sowie körperliche Schwäche, geringe Überzeugungen über Konsequenzen und Gewohnheiten behinderten die Umsetzung. Als förderlich wurden v.a. ausreichendes Wissen, Vereinfachungen und soziale Unterstützung genannt. Von Ernährungsberater*innen wird Unterstützung bei der Individualisierung der Empfehlungen, Wissensvermittlung, praktischen Übungen und Motivation gewünscht.
Schlussfolgerung:
Die Umsetzung von Ernährungsempfehlungen ist für Post-COVID Patient*innen mit multiplen Barrieren verbunden. Die Ernährungsempfehlungen sollten Post-COVID-spezifisch patientenorientierter gestaltet werden. Hierzu kann z.B. eine lebensmittelbasierte, einfach umzusetzende Vermittlung der Empfehlungen, die Ergänzung der Konsequenzen der Umsetzung oder die Gestaltung sozialer und externer Unterstützungsmaßnahmen hilfreich sein.
Transgenerationale Ernährungsakkulturation von (Spät-)Aussiedlern in Deutschland
Evelyn Tschernych, 2024
Hintergrund:
Die Masterarbeit untersucht die transgenerationale Ernährungsakkulturation von (Spät-)Aussiedler:innen in Deutschland. Fokus liegt auf dem Einfluss auf Ernährungsverhalten, Ernährungskultur, Identität und die Auswirkungen auf die Gesundheit im Kontext einer gesunden Ernährung. Ziel war es, die Übertragung des Ernährungsverhaltens an die nächste Generation zu untersuchen und die Auswirkungen auf Ernährungskultur, Identität und Gesundheit zu erfassen.
Methoden:
Die methodische Herangehensweise umfasste acht qualitative Interviews mit (Spät-)Aussiedler:innen unter Verwendung eines halbstrukturierten Interviewleitfadens. Die Interviews wurden transkribiert, codiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ausgewertet.
Ergebnisse:
Die Analyse zeigt komplexe Wechselwirkungen über Generationen. Bei (Spät-)Aussiedler:innen zeigt sich ein hybrides Ernährungsmuster, mit Veränderungen wie der Neigung zu alternativem Fleisch, pflanzenbasierter Ernährung und vermehrter Nutzung von Convenience-Produkten. Einflussfaktoren reichen von Zeitmangel bis zu familiären und kulturellen Aspekten. Die Informationsbeschaffung über Ernährung verlagert sich stark zu digitalen Quellen, wie dem Internet. Die transgenerationale Ernährungsakkulturation beeinflusst auch Ernährungsgewohnheiten und kulturelle Identität. Traditionelle Gerichte haben einen hohen Stellenwert, v.a. bei der Zubereitung. Gesundheitsziele konzentrieren sich auf Fitness und Gewichtsmanagement.
Schlussfolgerung:
Die Schlussfolgerungen verdeutlichen die komplexen Auswirkungen der transgenerationalen Ernährungsakkulturation auf (Spät-)Aussiedler:innen. Beide Generationen zeigen die Akkulturationsstrategie „Integration“, wahren jedoch das traditionelle Ernährungsverhalten. Die Ernährungsveränderungen geben Einblick in den Akkulturationsprozess und bieten Anregungen für weitere wissenschaftliche Forschung, insbesondere im Kontext der Förderung gesunder Ernährung in multikulturellen Gesellschaften.
Nachhaltige Ernährung in der Ernährungsberatung - Eine Befragung von Ernährungsberater*innen und Expert*innen des VDD, VDOE und der DGE
Mirka Viola Waltz, 2024
Hintergrund:
Die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und damit auch nachhaltigen Ernährung ist unabdingbar, um die sozialen, ökologischen und ökonomischen Probleme unseres menschlichen Handelns zu lösen. Im Kontext der Ernährungsberatung können Verbraucher*innen bei der Entwicklung nachhaltiger Ernährungsweisen unterstützt werden.
Methoden:
Es wurden leitfadengestützte, halbstrukturierte Einzelinterviews mit sieben Ernährungsberater*innen und drei Expertinnen der Fachverbände DGE, VDD und VDOE durchgeführt. Die Auswertung erfolgte mithilfe der deduktiv-induktiven qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring.
Ergebnisse:
Nachhaltige Ernährung wird in der derzeitigen Ernährungsberatung bislang nur wenig berücksichtigt. Dabei finden vor allem die Aspekte Saisonalität, Regionalität, Fleisch- und Verpackungsreduktion in der primärpräventiven Ernährungsberatung Beachtung. Durch die geringe Thematisierung nachhaltiger Ernährung in allen Bildungs- und Weiterbildungswegen sehen sich die meisten Ernährungsberater*innen für die Implementierung nicht ausreichend vorbereitet. Als weitere Herausforderungen wurden besonders die Überbeanspruchung der Ernährungsberater*innen sowie die gesundheitliche und finanzielle Situation der Klient*innen genannt. Als Bedarf wurde der dezidierte Einbezug nachhaltiger Ernährung in die Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Informationsangebote identifiziert. Das Unterstützungsangebot der Fachverbände ist bislang eher gering, die Erweiterung jedoch forciert.
Schlussfolgerung:
Die erlangten Erkenntnisse können den Fachverbänden bei der Entwicklung neuer Unterstützungsangebote für Ernährungsberater*innen helfen. In Bezug auf die Forschung ermöglichen die Ergebnisse eine erste Einschätzung der Bedeutung nachhaltiger Ernährung für die Ernährungsberatung in Deutschland.
Analyse des Unterstützunsgedarfs bei der Ernährungsbildung von Grundschulen in Hessen
Pauline Krause, 2024
Hintergrund:
Obwohl Ernährungsbildung in Grundschulen von hoher Bedeutung ist, wird ihre Umsetzung durch verschiedene Faktoren erschwert, insbesondere durch die fehlende Verankerung im offiziellen Lehrplan. In Hessen können Schulen Unterstützung bei der Ernährungsbildung von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Hessen erhalten. Um jedoch eine effektive Unterstützung zu gewährleisten, muss der Unterstützungsbedarf der Grundschulen in Hessen in Bezug auf Ernährungsbildung ermittelt werden.
Methoden:
Es wurden leitfadengestützte systematisierende Experteninterviews mit Schulleitungen hessischer Grundschulen durchgeführt und mithilfe einer inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse:
Die befragten Schulen setzen Ernährungsbildung in unterschiedlichem Maße um. Alle Schulleitungen sehen keinen Unterstützungsbedarf. Herausforderungen ergeben sich an einigen Schulen bezüglich der Ernährungsbildung aufgrund von Zeitmangel, fehlender Zusammenarbeit mit den Eltern und mangelnder Qualifikation des pädagogischen Personals. Einige Schulen verfügen über diverse individuelle Gelingensbedingungen, um Herausforderungen zu bewältigen und Ernährungsbildung umzusetzen.
Schlussfolgerungen:
Einige Schulleitungen haben ein fehlerhaftes Verständnis von Ernährungsbildung, was dazu führt, dass sie keinen Unterstützungsbedarf wahrnehmen. Um dem entgegenzuwirken, kann die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Hessen durch Sensibilisierung ein verändertes Bewusstsein schaffen. Aufbauend auf den Lösungsansätzen der Schulen im Umgang mit den genannten Herausforderungen sowie den individuellen Gelingensbedingungen können zudem als Unterstützungsmöglichkeiten der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Hessen thematische Beratung, Schulentwicklungsberatung, Fortbildungen und weitere Unterstützungsleistungen genannt werden.
Das Schulkochbuch von Dr. Oetker als Abbild des kulturellen Regelwerks der deutschen Küche zwischen 1911 und 2018
Lea vom Werth, 2024
Hintergrund:
Das Essen und die Kultur stehen in einem engen Austausch und bilden die Esskultur. Kochbücher kommunizieren die Esskultur schon seit dem ersten Erscheinen von Büchern über das Kochen. Die Kommunikation erfolgt dabei auf schriftlicher Ebene anhand von Rezepten, welche als kulturelles Regelwerk der Küche korrespondieren. Auf visueller Ebene kommunizieren Fotografien von Speisen die Esskultur, wobei die einzelnen Elemente als Zeichen im Sinne der Semiologie nach Barthes gedeutet werden können.
Methoden:
Mithilfe einer Kochbuchanalyse wurden diverse Ausgaben des Schulkochbuchs von Dr. Oetker untersucht. Die Analyse umfasste die Rezeptanalyse anhand ausgewählter Textkriterien nach Görlach sowie die Bildanalyse nach Panofsky. Insgesamt wurden 60 Rezepte und 12 Titelbilder der Schulkochbücher von Dr. Oetker betrachtet.
Ergebnisse:
Das Schulkochbuch hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Die Rezeptauswahl hat sich an die Bedürfnisse der Leserschaft sowie die kulturellen Gegebenheiten angepasst. Zudem hat sich auch die bereits erwähnte Leserschaft weiterentwickelt, welche ab den 1960er Jahren Männer explizit mit einschließt. Im technischen Bereich haben sich die Rezepte mithilfe von Kochutensilien sowie Spezifizierungen, wie den Nährwertangaben, weiterentwickelt. Die Titelbilder kommunizieren die Esskultur nur bedingt. So werden bspw. zu Kriegszeiten teures Fleisch und gedeckte Tafeln abgebildet, obwohl damals das Fleisch teuer war und schlemmen als anrüchig galt. In den neueren Ausgaben wurde die Esskultur kongruenter kommuniziert, indem bspw. Rouladen als Soul Food und Kartoffeln als heimisches Gemüse und Zeichen der Ökologiewelle abgebildet werden.
Schlussfolgerung:
Das Schulkochbuch von Dr. Oetker kommuniziert die deutsche Esskultur größtenteils nachvollziehbar auf den Ebenen der Rezepte und der visuellen Kommunikation durch Bilder. Die Vielzahl an Inhalten der Schulkochbücher bieten weitere Forschungsansätze.
Nachhaltigkeit und Umweltschutz in der Ausbildung von Köch*innen
Vanessa Westhoefer, 2024
Hintergrund:
Das Fachforum für berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) hat beschlossen, die berufliche Bildung auf Nachhaltigkeit auszurichten. Seit 2021 ist die neue Standardberufsbildposition „Nachhaltigkeit und Umweltschutz“ verpflichtender Bestandteil aller neu geschaffenen Ausbildungsberufe. Da die Außer-Haus-Verpflegung ein wichtiger Bestandteil in der Ernährungsbranche ist, sollte in der Forschungsarbeit erarbeitet werden, inwiefern Nachhaltigkeit in die Ausbildung von Koech:innen integriert wird und ein möglicher Optimierungsbedarf herausgearbeitet werden.
Methoden:
Die Datenerhebung erfolgte mithilfe von leitfadengestützten Interviews mit drei Lehrkräften und zwei Gruppendiskussionen mit Auszubildenden. Mittels der MAXQDA-Software und einer qualitativen Inhaltsanalyse wurden die Daten ausgewertet.
Ergebnisse:
Es konnte gezeigt werden, dass Nachhaltigkeit in die Ausbildung integriert wird, insbesondere ökologische und ökonomische Komponenten. Die Themen werden überwiegend integrativ und berufsbezogen in den Unterricht eingebracht. Hürden für die nachhaltige Umsetzung der Auszubildenden stellen die betrieblichen Strukturen, Stress, Unvorhersehbarkeit und das Gästeklientel dar. Herausforderungen für die Lehrkräfte sind Kommunikationsbarrieren, Mangel an finanziellen Mitteln und Zeit, Fortbildungs- und Informationsmängel.
Schlussfolgerung:
Anhand der Ergebnisse lässt sich erkennen, dass nachhaltige Betriebsstrukturen gegeben sind, diese jedoch zukünftig optimiert werden können. Von Vorteil wäre außerdem das Thema in der Schule zusätzlich in Projektarbeiten, Aktionstagen oder Ausflügen zu integrieren. Dafür bedarf es an mehr finanziellen und zeitlichen Ressourcen. Die Ergebnisse zeigen, wie relevant BBNE in der Gastronomie für zukünftige Forschungsarbeiten ist, damit auch die Umsetzung dieser Forderung gelingt.
Eine Umsetzung der Planetary Health Diet aus Sicht von Krankenhaus Mitarbeitenden
Merle Vollgraf, 2024
Hintergrund:
Bis 2030 soll das deutsche Gesundheitssystem klimaneutral werden. Die Krankenhausernährung, die fast 17% der Umweltbelastung ausmacht, muss nachhaltiger werden. Zu diesem Zweck setzt das Universitätsklinikum Essen für und mit Mitarbeitern und Patienten Konzepte der Planetary Health Diet (PHD) um. In Vorbereitung auf diese Transformation werden die individuellen Perspektiven der Krankenhausmitarbeiter auf fördernde und hemmende persönliche und berufliche Faktoren der Ernährungsumstellung untersucht.
Methoden:
Es wurde eine qualitative Studie unter einer heterogenen Stichprobe von Mitarbeitern des Universitätsklinikums Essen, Deutschland, durchgeführt. Die Daten wurden in halbstrukturierten Interviews erhoben, die auf Tonband aufgezeichnet und wortwörtlich transkribiert wurden. Die Daten wurden unabhängig voneinander von zwei Codierern mit der Software MAXQDA codiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse analysiert.
Ergebnisse:
Die Mitarbeiter nahmen Nachhaltigkeit im Allgemeinen und nachhaltige Ernährung im Besonderen als wichtige Themen innerhalb und außerhalb ihres Arbeitsumfelds wahr. Die Definition von Nachhaltigkeit und nachhaltigem Handeln wurde jedoch als schwierig be- schrieben. Die Mitarbeiter wünschten sich informationelle und praktische Unterstützung: einerseits leicht verständliche und leicht zugängliche Informationen (über digitale Medien), andererseits Offline-Lernen mit praktischen Beispielen und aufschlussreichen Workshops. Unterschiedliche Meinungen gab es zum Thema Fleisch verzehren.
Schlussfolgerung:
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Krankenhausmitarbeiter sich der Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Gesundheitsernährung bewusst sind und weitere praktische Unterstützung und leicht zugängliche Informationen wünschen. Außerdem scheint das Setting geeignet um sogenannte Teaching Kitchens anzubieten.
Transformationsansätze von Nachhaltigkeitsinitiativen in Gießen zur Verwirklichung der lokalen Ernährungswende
Felix Theodor Langer, 2023
Hintergrund:
Seit 2011 wird von dem wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) die Große Transformation gefordert. Ein Teil dieses ko-evolutionären tiefgreifenden Wandels ist die Ernährungswende. Lokale zivilgesellschaftliche Nachhaltigkeitsinitiativen verfolgen Ansätze, um diese Ernährungswende umzusetzen. In der Arbeit wurden diese Transformationsansätze für Initiativen in der Stadt Gießen erhoben und diskutiert.
Methoden:
Es wurden mit Vertreter:innen von fünf Nachhaltigkeitsinitiative leitfadengestützte Expert:inneninterviews durchgeführt. Diese wurden mithilfe einer deduktiv-induktiven inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse:
In einer fallweisen Darstellung wurden unter anderem die Chancen und Probleme der Initiativen ermittelt. Eine durch Kriterien gestützte Analyse zeigte, dass alle untersuchten Initiativen ein Potential zur Transformation des Gießener Ernährungssystems aufweisen. Die ermittelten Transformationsansätze waren geprägt durch die Schaffung von Innovationen und Strukturen sowie die Vermittlung und Bildung von Nachhaltigkeitswerten. Die Initiativen zeigten hingegen wenig Widerstand gegen das derzeitige Ernährungssystem. Außerdem schmälern alle Initiativen den sogenannten kulturellen Lock-In der Ernährungswende. Der Agrar Lock-In wird nur von drei Initiativen beeinflusst. Im Sinne der Multi-Level-Perspektive konnten vier Typen von Transformationsansätzen definiert werden.
Schlussfolgerungen:
Die gewonnenen Erkenntnisse können den Initiativen in ihrer Arbeit sowie der Stadt Gießen bei Entwicklung einer Ernährungsstrategie helfen. Für die Forschung stellen die Ergebnisse eine weitere Perspektive auf die Wirkung lokaler Nachhaltigkeitsinitiativen in der Ernährungswende dar. Um die lokale Forschung und Transformation in diesem Bereich fortzuführen, könnten Reallabore aufgebaut werden.
Planetary Health Diet und nachhaltiges Alltagshandeln - Empirische Untersuchung der Ernährungskommunikation eines Bürger*innenbeteiligungsprojekts
Pia Hildebrand, 2023
Hintergrund:
Die heutigen Ernährungsmuster tragen wesentlich zur Überlastung der ökologischen Tragfähigkeit des Planeten bei, weshalb eine Ernährungswende notwendig ist. Die Planetary Health Diet (PHD), ist ein Ernährungskonzept, welches die menschliche und planetare Gesundheit miteinander vereint. Professionalisierter Ernährungskommunikation (pEK) wird eine zu geringe Breitenwirkung nachgesagt bei der Unterstützung der Ernährungswende. Dabei mangelt es den Konsument*innen oft nicht am Wissen zu nachhaltigkeitsbezogenen Lösungsansätzen, sondern scheitert oft an deren Umsetzung.
Methodik:
Mittels leitfadengestützter Interviews wurde die Wahrnehmung von Ernährungsbotschaften zur PHD und ihre Umsetzung in den Alltag von Teilnehmenden eines partizipativen Projekts für Bürger*innen erfasst. Die Daten wurden mit Hilfe von MAXQDA per qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse:
Die Ernährungsbotschaften wurden von den Teilnehmenden subjektiv wahrgenommen und individuell ausgehandelt. Vier der fünf Befragten setzten die Botschaften größtenteils in ihrem Alltag um, zum Teil auch langfristig. Es wurden mehrere Einflussfaktoren auf die Umsetzung der Botschaften identifiziert. Neben der Art und Weise der Vermittlung und der Gestaltung der Botschaften spielten vor allem die intrinsische Motivation, das soziale Umfeld und die Bereitschaft, sein eigenes Handeln zu hinterfragen eine bedeutende Rolle. Insbesondere die Bereitstellung alltagsnaher Hilfsmittel erwies sich für die Umsetzung der Botschaften als zielführend.
Schlussfolgerungen:
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass partizipative Formate mit Konsument*innen dazu beitragen können, die Akzeptanz und die Wirksamkeit von pEK zu erhöhen. Darüber hinaus verdeutlichen sie das Potential von pEK für eine gesellschaftliche Ernährungswende.
Wissen als Einflussfaktor auf die Intention Studierender zur Wahl einer bioregionalen Speise in Hochschulmensen
Theresa Schön, 2023
Hintergrund:
Das globale Ernährungssystem trägt in hohem Maße zur Umweltbelastung bei, weshalb eine umweltfreundliche Transformation des Ernährungssystems notwendig ist. Einen Beitrag zu dieser Transformation kann die Erhöhung des Anteils bioregionaler Lebensmittel in der Gemeinschaftsverpflegung leisten. Um anschlussfähige Kommunikations- und Bildungsmaßnahmen zur Förderung der Wahl einer bioregionalen Speise in Mensen zu entwickeln, müssen Einflussfaktoren der Speisenwahl bekannt sein.
Methoden:
In dieser quantitativen Forschungsarbeit wurde der Einfluss der beiden Wissensdimensionen, subjektives Wissen (SW) und objektives Wissen (OW), auf die Intention JLU-Studierender zur Wahl einer bioregionalen Speise in der Hochschulmensa untersucht. Hierfür wurde die Theorie des geplanten Verhaltens (TPB) als Grundlage genutzt und um die Variablen SW und OW ergänzt. Die Auswertung der über einen vollstandardisierten Online-Fragebogen erhobenen Daten erfolgte über eine Strukturgleichungsanalye (SGA).
Ergebnisse:
Die Studierenden schätzen ihr eigenes Wissen im Schnitt schlechter ein (SW), als ihr tatsächliches Wissen (OW) ist. Die Ergebnisse der SGA zeigen, dass das erweiterte TPB-Modell 69,4 % der Varianz der Intention der Studierenden erklärt. Das OW weist keinen signifikanten Einfluss auf die Intention der Studierenden auf. Dagegen stellen die drei Hauptprädiktorvariablen der TPB sowie das SW der Studierenden positive Einflussfaktoren für die Intention zur Wahl einer bioregionalen Speise in der Hochschulmensa dar.
Schlussfolgerung:
Um die Intention Studierender zur Wahl einer bioregionalen Speise in der Mensa zu erhöhen, ist es nicht zielführend das OW durch reine Wissensvermittlung zu stärken. Stattdessen sollte das SW, welches auch als Vertrauen in das eigene Wissen interpretiert wird, gestärkt werden. Zukünftige Kommunikations- und Bildungsmaßnahmen sollten praktische Erfahrungen und Erlebnisse für die Studierenden schaffen, um ihr Vertrauen in das eigene Wissen zu stärken.
Lebensmittelverschwendung beim Schulessen und wie Schüler*innen darüber kommunizieren
Paula Gerwin, 2023
Hintergrund:
In Deutschland werden jährlich etwa 12 Millionen Tonnen Lebensmittel verschwendet. Die Lebensmittelverschwendung (LMA) in Schulen und der Effekt von Bildungsinitiativen ist quantitativ erfasst. Wie Schülerinnen und Schüler (SuS) darüber kommunizieren, ist bisher wenig erforscht.
Methoden:
Durch Ethnografie lässt sich das Alltagswissen von Feldteilnehmenden erforschen. Es wurden zwei Workshops in den Klassen sechs und neun teilnehmend beobachtet. Hier wurde Wissen über LMA vermittelt und eine neue Tellerrestewaage (TRW), ein Nudging-Tool für die Schulmensa, vorgestellt. Das erste Mittagessen, während dem die TRW genutzt wurde, wurde ebenfalls teilnehmend beobachtet. Später wurden Eltern per Leitfadeninterview befragt, ob und was ihr Kind zuhause von diesem Projekt berichtet hat. Die Daten wurden mit MAXQDA per qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse:
Die SuS sind neugierig gegenüber der TRW und gehen spielerisch mit ihr um. Zum Thema LMA ist wenig Grundlagenwissen vorhanden: die SuS sind überrascht von Statistiken zu LMA in Deutschland. Missverständnisse zur TRW beim Mittagessen zeigen die Relevanz einer Einführung des Tools auf. Es wird Empörung der SuS deutlich, sobald ihnen statt der Mensa Verantwortung an LMA zugesprochen wird. Wenn explizit befragt, wünschen sich die SuS mehr Teilhabe und kennen Handlungsoptionen zur Reduktion der LMA. Es konnte auch Desinteresse am Workshop und der TRW beobachtet werden.Viele Eltern können von keiner Anschlusskommunikation ihrer Kinder über die TRW berichten. Wenn Kinder ihren Eltern davon erzählen, finden sie die TRW gut und hoffen auf dadurch auf eine Änderung des Speiseplans statt des eigenen Verhaltens.
Schlussfolgerungen:
Die SuS scheinen keine Verantwortung an den LMA in der Mensa übernehmen zu wollen. Somit wird die TRW nicht wie vorgesehen verstanden. Ein besseres Verhältnis zwischen SuS und Mensa könnte zur Reduktion von LMA beitragen. Hier könnte zukünftige Forschung ansetzen.
Welche Argumente prägen die Kommunikation von Eltern zu ihren Kindern über die Mensch-Tier-Beziehung?
Laura-Marie Brandenstein, 2023
Hintergrund:
In unserer Gesellschaft liegt eine ambivalente Kommunikation über die Mensch-Tier-Beziehung vor. Zu Haustieren werden enge Bindungen aufgebaut, zu Nutztieren Bindungen erlernt, die den Verzehr dieser erlauben. Die Erziehung kann für die Prägung von Kindern in der Beziehung zu Nutztieren und deren Produkten einen bedeutenden Einfluss besitzen.
Methoden:
Mittels problemzentrierten Interviews werden elterliche Argumente und das Vorkommen des ‚Fleischparadoxons‘ innerhalb der Gruppe der mischköstlichen Eltern und der Gruppe der vegetarischen/veganen Eltern erfasst. Die Interviews werden transkribiert und mithilfe der ‚inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse‘ und der ‚Argumentationsanalyse‘ ausgewertet.
Ergebnisse:
Die angewendete Methode zeigt auf, dass zwischen den beiden Elterngruppen Unterschiede in der Argumentationsstruktur vorliegen. Diese äußern sich in den Überzeugungen bezüglich des ‚Speziesismus‘ und ‚Karnismus‘. Die Argumente der mischköstlichen Eltern untermauern diese beiden Glaubenssysteme. Sie enthalten verstärkt Argumente, die eine realitätsferne Darstellung der Lebensbedingungen von Tieren, die Sorgen um gesundheitliche Folgen einer fleischlosen Ernährung sowie die Legitimierung des familiären Konsums zum Ausdruck bringen. In der Gruppe der vegetarischen/veganen Eltern wird deutlich, dass diese die untersuchten Glaubenssysteme nicht unterstützen. Bei ihnen können Rationalisierungsstrategien des Fleischparadoxons verringert nachgewiesen werden. Vor allem kann die Empathie für Nutztiere als Hauptargument, das gegen den Fleischkonsum spricht, als größter Gegensatz ausfindig gemacht werden.
Schlussfolgerung:
Die Ergebnisse zeigen, dass Argumente der Eltern und das Fleischparadoxon die Ernährungsweise der Kinder steuern. Sie könnten für eine realitätsnahe, nachhaltige und zukunftsfähige Ernährung und einen veränderten Umgang zu Nutztieren von Bedeutung sein. Sie lenken die Beziehung zu Nutztieren und dadurch den Verzehr von Fleisch und tierischen Produkten bei Kindern.
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